Homepage der Familie Dörscheln
Homepage der Familie Dörscheln

201 — Die Ref­or­ma­tion im 16. Jahrhun­dert

Seit dem 13. Jahrhun­dert wur­den in der Dauphiné Bibel­texte ver­bre­it­et, und zwar von Waldenser Hausier­ern, die dort von Dorf zu Dorf zogen.

In den bei­den darauf­fol­gen­den Jahrhun­derten lösten Kriege und Pest bei den Men­schen Gefüh­le der Unsicher­heit aus, der Verzwei­flung beim Gedanken an den Tod und der Angst um das See­len­heil. Laien erwarteten eine Antwort auf ihre Fra­gen, sie wün­scht­en eine Kirchen­re­form und eine Rückbesin­nung auf das Evan­geli­um.

Ein deutsch­er Mönch namens Mar­tin Luther(1) ent­deck­te im Römer­brief, dass das Heil allein durch den Glauben an Jesus Chris­tus zu erlan­gen sei. Im Okto­ber 1517 schlug er seine 95 The­sen gegen den Ablasshan­del an das Tor der Schlosskirche zu Wit­ten­berg(2).

Dank der Buch­druck­erkun­st gelangten die Ideen Luthers auch bis nach Greno­ble.

Im März 1523 rief der Franziskan­er­mönch Pierre de Sibiville zum Fas­ten auf. Er erhob sich fern­er gegen die Autorität des Pap­stes und den Marienkult. Im April 1524 predigte ein Dominikan­er aus Lyon, Aimé Mei­gret die Recht­fer­ti­gung durch den Glauben und verurteilte die Mönchs­gelübde(3).

Eine heim­liche “Kirche” enstand. Ihre Mit­glieder wur­den ver­fol­gt und zum Teil hin­gerichtet (in Vienne, Greno­ble, Embrun und Romans).

1532 beschloss die Waldenser Syn­ode von Chan­foran, die Ref­or­ma­tion einzuführen und beauf­tragte Olivé­tan, die Bibel ins Franzö­sis­che zu über­set­zen. Die Über­set­zung erschien 1535 und trug ganz entsch­ieden zur Ver­bre­itung der Ref­or­ma­tion bei(4).

1561 waren etwa 40 neue Gemein­den ent­standen, in Mon­téI­imar, in Valence, in Greno­ble und in Die(5), in Mens und Gap(6), in grossen Teilen der Dauphiné und den Tälern des Pié­mont. Für sie kommt das Heil aus Genf und sie bit­ten Jean Calvin (7) um die Entsendung von Pas­toren(8),(9). Die Ref­or­ma­tion ist also eine calvin­is­tis­che und sie erlebt eine erhe­bliche Ver­bre­itung.

Die Reli­gion­skriege dauerten in der Dauphiné nicht so lange wie im Kön­i­gre­ich(10) und es gab in der Prov­inz auch keine Bartholomäus­nacht. Nichts­destoweniger führte der Zusam­men­stoss der Armeen zu regel­recht­en Schlacht­en. Städte wur­den erobert und gin­gen wieder ver­loren(11).

Die Trup­pen der protes­tantis­chen Partei, 12.000 Män­ner, wur­den zunächst von Charles Dupuy de Mont­brun ange­führt, dann von Les­digu­ières(12). Dieser war ein gross­er Heer­führer, der sich in der Priv­inz auch als ein tüchtiger Ver­wal­ter erwies und in Greno­ble als ein kluger Städteplan­er.

Die Autorität Hein­richs IV. sowie die Tat­sache, dass sich Frankre­ich in einem Erschöp­fungszu­s­tand ohne­gle­ichen befand, macht­en die Unterze­ich­nung des Edik­ts von Nantes am 30. April 1598 möglich(13). Mit ihm kehrten endlich der bürg­er­liche Friede und der Reli­gions­friede zurück. Aber dieses Edikt kon­nte auf zweier­lei Art aus­gelegt wer­den:

  1. für die Protes­tanten war es “ewig und unwider­ru­flich”
  2. für die Katho­liken han­delte es sich um pro­vi­sorisch gewährte Priv­i­legien, die für die dama­li­gen Men­tal­itäten unan­nehm­bar waren.

Religiös­er Plu­ral­is­mus wurde näm­lich als ein Hin­der­nis für die von den Zeitgenossen gewün­schte Ein­heit Frankre­ichs emp­fun­den. Es gab in Wirk­li­clikeit noch keine Tol­er­anz.

Anmerkun­gen

  1. Mar­tin Luther (1483–1546)
  2. Der Ablasshan­del: Der Papst ermächtigte den Erzbischof von Magde­burg, gegen Geld die Verge­bung der Sün­den zu predi­gen (Ablass), um den Bau der Peter­skirche in Rom zu finanzieren.
  3. Predigt von Aimé Mei­gret
  4. Die Bibel von Olivé­tan
  5. In Die beschloss eine Ver­samm­lung der Fam­i­lienober­häupter durch öffentliche Abstim­mung, die Reform einzuführen, und Farel predigte “das neue Evan­geli­um”.
  6. Guil­laume Farel (1489–1565), gebür­tig aus Gap. Er war ein überzeugter Anhänger Luthers und ver­suchte ohne viel Erfolg, seine Ideen in der Dauphiné zu ver­bre­it­en. Er trug zur Ein­führung der Reform in Neucha­tel (1530) und in Genf (1536) bei. Er nahm an der Syn­ode von Chan­foran teil. 1561 unter­stützte er mit allen Kräften die Grün­dung ein­er Kirche in sein­er Geburtsstadt.
  7. Jean Calvin (1509–1564)
  8. Brief der Gemein­deäl­testen von Poet-Laval an Calvin (17. Juli 1561)
  9. Brief von Calvin an die Kirche von Valence (22. April 1560)
  10. In Frankre­ich dauerten die Reli­gion­skriege 36 Jahre, von 1562 bis 1598. In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1572, der Bartholomäus­nacht, wur­den in Paris etwa 3000 Men­schen ermordet. Ins­ge­samt erforderten die ver­schiede­nen Mas­sak­er im Kön­i­gre­ich 10 000 Todes­opfer.
  11. 1562 gewalt­samer Tod von La Motte?Gondrin, Gou­verneur der Dauphiné, katholis­ch­er Heer­führer, durch die in Valence ansäs­si­gen Protes­tanten am 27. April daselb­st ermordet.
  12. Fran­cois de Bonne, Her­zog von Les­digu­ières (1543–1626), Kon­netabel, Gou­verneur des Dauphiné, Chef der Hugenot­ten­partei von 1575–1588. 1622 trat er zum Katholizis­mus über.
  13. Edikt von Nantes (30. April 1598)
Print Friendly, PDF & Email