Homepage der Familie Dörscheln
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1996/​04 — Zeitzeu­gen, Freigraf­schaften und Raubrit­ter­tum

Beiträge zur Fam­i­lien­forschung — Band 1 — 6.Jahrgang 1996 — Heft Nr.4 — Auszug


Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Prä­para­tor i. R.

Siehe Spuren, Beiträge zur Fam­i­lien­forschung 1996 H.15

In der Lit­er­atur erscheint das frühe 14. Jahrhun­dert als eine Zeit der sink­enden Moral und Ord­nung. Raubrit­ter­ban­den sucht­en ländliche Sied­lun­gen und sog­ar kleine Städte heim. Selb­st reisende Kau­fleute mußten unter bewaffneter Begleitung reisen. In ein­er Urkunde von 1322 ver­sprechen Rit­ter des Geschlecht­es der­er von Pad­berg, keinen Straßen­raub mehr zu bege­hen. Die Stadt Mars­berg hoffte auf Grund dieser Unter­schrift, Ruhe inner­halb der Stadt­mauern und im Umfeld z. B. Dorslon zu erhal­ten.

Die immer schlim­mer wer­den­den Fehden im 14.Jahrhdt., wo viele Sied­lun­gen durch Straßen­raub und Ver­wüs­tun­gen aus­gelöscht wur­den, hin­ter­ließen Spuren bis in die heutige Zeit, denn diese Ansied­lun­gen blieben wüst. Die Bewohn­er flo­hen oft­mals, so weit es möglich war, in nahe­liegende größere Ansied­lun­gen, wo Ver­wandte Rit­ter und Knap­pen Schutz und Hil­fe gewährleis­ten kon­nten. So find­en wir in der Mars­berg­er Bürg­er­schaft schon vor dem Jahr 1200 Namen von Dorslon­er Per­so­n­en aus dem Stam­mort, welche sich weit bis ins 15. Jahrhdt. ver­fol­gen lassen. Das heisst, dass hier schon eine Brücke bestand, die sich später für viele als nüt­zlich und gang­bar erweisen sollte.

Die Wüs­tungs­bil­dung im Sint­feld und der Ver­lust der Sied­lungssub­stanz begin­nt wesentlich ab 1380 und erstreckt sich über einige Jahrzehnte. Für das Aus­lösen der Wüs­tungsvorgänge sind aber nicht nur die immer grausamer wer­den­den Fehden, son­dern auch Krankheit­en wie die Pest ver­ant­wortlich. Mißern­ten und daraus resul­tierende Hunger­snöte müssen eben­falls dazu gerech­net wer­den.

Ein weit­er­er entschei­den­der Grund, wahrschein­lich der wesentlich­ste über­haupt für Auseinan­der­set­zun­gen, waren jedoch die unter­schiedlichen Ansicht­en über die Aus­gestal­tung der Freigraf­schaften und damit die Feme. Die Freigraf­schaft Cur­tis Horhusen bein­hal­tete die Städte Nieder- und Ober­mars­berg mit den dazuge­höri­gen umliegen­den Orten. Die Stuhlher­ren der Freigraf­schaft waren die Äbte von Cor­vey von 962 — 1385. Ab hier über­läßt der Abt Diet­rich von Dal­wigk die Hälfte der Freigraf­schaft der Stadt Mars­berg. Nur drei beliehene Freigrafen sind lt. Seib­ertz UB von 1201 — 1364 bekan­nt­ge­wor­den. Ab dem Jahr 1507 über­nahm dann an Stelle von Cor­vey der Erzbischof von Köln die gesamte Freigraf­schaft.

Eine grundle­gend andere Auf­fas­sung über die Aus­gestal­tung der Freigraf­schaft hat­ten die Grafen von Pad­berg. Ein früher­er Bericht zeigt bere­its an, wodurch der Rit­ter­schaft u. a. dem Min­is­te­ri­alen Andreas von Durs­lo, Burgmann von Mars­berg, schon um 1217 mit den Pad­berg­er Bur­gleuten Auseinan­der­set­zun­gen erwuch­sen und es began­nen die sich später offen zu Tage tre­tenden Unruhen abzuze­ich­nen.

Die Freigraf­schaft der­er von Pad­berg und ihr Freis­tuhlgericht stand wesentlich im Wider­spruch zu dem was man von König und Erzbischof darunter ver­stand, näm­lich den Schutz von Recht und Ord­nung. Die Grafen von Pad­berg wur­den aufge­fordert auf das Priv­i­leg der Freigraf­schaft zu verzicht­en was sie jedoch ablehn­ten, denn eine Freigraf­schaft zu besitzen bein­hal­tete auch viele Vorteile und Vorzüge.

Auf diese Art und Weise ging eine große Gefahr von diesen Freigrafen aus, da sie die Gerichts­barkeit und die Poli­tik stets zu ihren Gun­sten auslegten und die Obrigkeit dem macht­los gegenüber­stand. Auch eine Aberken­nung der Freigraf­schaft wird ignori­ert und so greifen Unruhe und Zer­störun­gen weit­er um sich.

Die zunehmende Macht der Rit­ter­bünde und die schwank­ende Hal­tung des Lan­dadels bestärk­ten eine Gruppe von Raubrit­tern, die Friedrich von Pad­berg 1389 um sich geschart hat­te, weit­er Angst und Schreck­en unter der Bevölkerung zu ver­bre­it­en. Es ist die Rede vom sog. Ben­gler­bund, und zwar nach dem Erken­nungsmerk­mal sein­er Mit­glieder so beze­ich­net, welche einen sil­ber­nen Ben­gel oder Knüp­pel als Schlag­waffe benutzten. Ihr Haupt­stützpunkt war die kampf­los ein­genommene Vorsten­borg. Um dem Raubrit­ter­tum ent­ge­gen­zutreten tat­en sich 1391 einige Rit­ter zusam­men und unter bis­chöflich­er Leitung wurde der Ben­gler­bund besiegt. Gefan­gen­nahme und anschließende Zer­störung der Vorsten­borg been­dete dieses Kapi­tel, nicht aber die poli­tis­chen Wirren.

So wurde das Sint­feld und Umge­bung ein­schließlich Dorslon wüst, aber auch die Bur­gen der Pad­berg­er wur­den zer­stört oder sind im Laufe der Zeit zer­fall­en.

Ein weit­er­er Grund der Land­flucht fällt jedoch auch zusam­men mit der im 14. Jahrhdt. aufgestell­ten Vil­lika­tionsver­fas­sung, die eine rechtliche Freizügigkeit der bäuer­lichen Bevölkerung mit sich brachte und die Boden­ständigkeit aufhob. Die labilen Ver­hält­nisse macht­en es den Men­schen nun­mehr leichter, in andere Gebi­ete umzusiedeln. So ent­standen neue Großgüter und Großdör­fer mit der Möglichkeit, die neuzeitlichen Bedürfnisse bess­er zu bewälti­gen.

So waren es in viel­er Hin­sicht Dorslon­er Rit­ter, Min­is­te­ri­ale, führende Knap­pen, ein päp­stlich­er Proku­ra­tor ‑Arnoldus de Dorslon 1311- und Prob­st Flor­i­nus um 1378 die vorangin­gen, um durch poli­tis­chen und kaufmän­nis­chen Weit­blick einen Teil zur Entwick­lung in ihrer Sip­pengeschichte beizu­tra­gen.

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