Homepage der Familie Dörscheln
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1997/​01 — Die Thuris­louner — ein Engrisches Geschlecht

1.Teil des abschließen­den Forschungs­bericht­es

Beiträge zur Fam­i­lien­forschung — NF — Band 1 — 1.Jahrgang 1997 — Heft Nr.1


Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Prä­para­tor i. R.

Es ist die Geschichte ein­er ural­ten Sippe der Engern aus dem Stamm der Sach­sen, die das Schick­sal in den Raum an der Afte (im Sint­feld) und Diemel (dem sogen. Pagus Almunga) hin­stellte. Es darf mit einiger Wahrschein­lichkeit angenom­men wer­den, daß die Grün­dungszeit der Vor­fahren weit­ge­hend im Dunkeln liegt. Erst um 826 lesen wir zum ersten Mal etwas über die Sippe der Thuris­louner. Sie nan­nten sich Berndag, Merio, Ody, Wal­do­nis, Wulfhard Wyt­suit von Thuris­loun. In den alten Mönch­slis­ten (Tra­di­tio­nen von Cor­vey) ste­ht geschrieben, daß diesel­bi­gen Län­dereien an das Kloster übereignet haben. (Spuren 2/​93 u. 11/​95).

Die Via Regia (Königsstraße) von der Eres­burg kom­mend, führte unmit­tel­bar an Thuris­loun (Wald der Riesen) vor­bei. Diese Han­dels-und Heer­straße nan­nte man damals auch Path, ein Wort, das im ganzen ger­man­is­chen Sprach-Gebi­et ver­standen wurde. Hier, wo schon vor 11OO erwäh­nt wird, daß eine Cur­tis und Burg (Spuren Bd. 2,H.2) der Dorslon­er (der spätere Name) stand, vertreten durch den Rit­ter Andreas de Durslon (Spuren Bd. 1 H. 22, Bd. 2 H.1+2) ist der Aus­gangspunkt für das Streufeld wie sich der Name entwick­elt und verän­dert hat. Die bis jet­zt gefun­de­nen und erforscht­en sieben Gebi­ete haben eines gemein­sam, sie bein­hal­ten den Namen Dorsel(n) — siehe auch die neue Wap­pen-Wieder­gabe (Spuren Bd. 1 H. 2O) — der aus Thuris­loun her­vorge­gan­gen ist. Einige neue Erken­nt­nisse dieser z.Zt. sieben Forschungs­ge­bi­ete sollen zeigen, welche weit­eren Verän­derun­gen stattge­fun­den haben, z.B. weitre­ichende Funk­tio­nen die wichtig sind, um nochmals darauf einzuge­hen — siehe bish­erige Berichte in Spuren Bd. 1–2 — wo Regesten Doku­mente, Urkun­den und der­gle­ichen mehrmals behan­delt wur­den.

Her­vorzuheben ist fol­gen­der Beitrag: “Ein ständi­ger Proku­ra­tor an der Päp­stlichen Kurie im 14. Jahrhun­dert.” Die juris­tis­che Bedeu­tung des Wortes “procu­ra­tor” wird ger­ade auch bei den Proku­ra­toren an der Kurie sicht­bar, da sie als Gesandte auf­trat­en. Die Verbindung “procu­ra­tor et nun­tius” ist nicht sel­ten, auch wegen der Wahrnehmung der Rechte an der Kurie. Was bedeutet das Wort “procu­ra­tor” im 14. Jahrh., also in ein­er Zeit, als die Procu­ra­toren an der Kurie ihre Rolle schon einiger­maßen beherrscht­en, d.h. die Zeit des päp­stl. Kan­zleibeamten mag­istri Arnol­di de Dorslon cleri­ci et procu­ra­toris? (REK 4,nr.695-WUB 8,nr 777—WUB 9,nr 875— Vat.Arch.3 nr 1O63—–Lac.UB 3,83 )

Er ist all­gmein bevollmächtigter Rechtsvertreter und hat unter den Beamten eine einzi­gar­tige Stel­lung, die sich in jen­er Zeit aus den Dien­st­geschäften ergab. Die Anfänge im kuri­alen Proku­ra­toren­we­sen sind keineswegs aus­re­ichend gek­lärt. Geschichtlich begin­nt es um 12OO. Von allen Vorschriften der päp­stlichen Kan­zlei über die Proku­ra­toren hat sich eine für die Geschichts­forschung als beson­ders wichtig erwiesen, und zwar eine Vorschrift, die den Proku­ra­tor an der Ausstel­lung ein­er Urkunde beteiligt und damit erken­nen läßt, daß sein Zeichen bürgt. Waren es im Anfang ein­fache Zeichen, so find­en sich immer häu­figer ab 1276 (Gre­gor X) die Namen der Proku­ra­toren, welche sich auf der Rück­seite der Urkunde oben in der Mitte als Aussteller verewigt haben. Die Audi­en­tia war der Ort, an dem die gewerb­smäßi­gen Proku­ra­toren am meis­ten zu tun hat­ten. Hier wur­den die Urkun­den vor der Siegelung ver­lesen. Die von auswärts kom­menden Proku­ra­toren waren dabei ganz beson­ders auf die recht­skundi­gen, gewerb­smäßi­gen, kuri­alen Proku­ra­toren angewiesen, deren Name dann auch auf der Urkunde zu find­en ist.

Arnoldus des Dorslon, lebte in ein­er Zeit, als das Pap­st­tum unter Clemens V. Rom ver­ließ und nach Avi­gnon in die “Baby­lonis­che Gefan­gen­schaft” der Kirche ging. Der Name ste­ht stel­lvertre­tend für so viele in sein­er Zeit. Er ist insofern inter­es­sant, weil so der Name der Sippe de Dorslon in päp­stlichen Dien­sten an der Kurie erwäh­nt wird. Arnoldus de Dorslon ist die dritte Per­son sein­er Sippe, die nach­weis­lich so weit vom Stam­mort im Kirchen­di­enst stand. (Spuren Bd.2 H.6,S.1O3) und in Mon­u­men­ta boica, Codex tra­di­tion­um del­ga­tor Wille­halm de Durs­latin­gen An.114O (Bevollmächtigter des Pap­stes).

Die Mars­berg­er Benedik­tin­er hat­ten eine Schule für die Aus­bil­dung der jun­gen Mönche. Ein im 13. Jh. mehrfach genan­nter sco­lar­i­um doc­tor oder eru­di­tor weist auf diese Ein­rich­tung hin. Es ist anzunehmen, daß Arnoldus von hier aus seinen beson­deren Weg gegan­gen ist. Aus sein­er Ver­wandtschaft wird 1378–1382 ein Mars­berg­er Prob­st Flor­i­nus de Dorslon genan­nt, (Spuren Bd. 2 H.5) der vorher am Stam­mort tätig war. Ob Arnoldus de Dorslon durch diesen Orden wirk­lich nach Rom und dann nach Avi­gnon sowie Vienne kam, muß noch gek­lärt wer­den. In sein­er Eigen­schaft als mag­istri cleri­ci procu­ra­toris wurde bis jet­zt noch nichts gefunden.Arnoldus hat ca. 2O mal von Avi­gnon aus bei entsprechen­den Beurkun­dun­gen mit­gewirkt. Die ersten Hin­weise auf Urkun­den (Spuren Bd.2 H.9) find­en sich durch seinen Namen­szug auf der Rück­seite, oder er wird im Text erwäh­nt.

Dage­gen wird er nur 2 Mal in den Urkun­den von Vienne genan­nt. (Urk.aus REK 4 nr.694 u.695 und Vat.Arch.1,168 nr.355 u.356), und zwar in ein­er Zeit als in Vienne 1311-12 das 15. Konzil unter Papst Clemens V und dem franz. König Philipp IV stat­tfand. Zum ständi­gen Pro­gramm eines all­ge­meinen Konzils gehörten von jeher nicht nur die Klärung von Reform­fra­gen dazu, son­dern auch Ver­hand­lun­gen über einen Kreuz­zug. So ver­stand es sich von selb­st, daß man in Vienne über diese bei­den Punk­te ver­han­deln mußte.

In der his­torischen Betra­ch­tungsweise ist die Tat­sache, dass das Konzil auf franzö­sis­chem Boden stat­tfand Ver­an­las­sung genug, es als eine umstrit­tene Angele­gen­heit anzuse­hen. Hier­aus resul­tiert auch der Druck des franz. Königs auf Papst Clemens V die Tem­pler Ordens­frage zu klären, welch­es zum Neg­a­tiv­en für den Orden entsch­ieden wurde.

Der Orden wurde aufgelöst und dessen Güter zwis­chen Kirche und Staat aufgeteilt. (REK ‑4 nr.695)

Die Reformbedürftigkeit hat­te jedoch noch einen wesentlichen weit­eren Grund, und zwar das Andenken bzw. die die Hand­lungsweise des ver­stor­be­nen Pap­stes Boni­fax VIII zu klären (Mißstände in der Kirche). Dieses wurde jedoch nicht von allen Kardinälen gut­ge­heißen.

Durch dieses 15. Konzil fand let­z­tendlich eine Zer­reißprobe zwis­chen dem uni­ver­salen Pap­st­tum und dem franz. Nation­al-Staat statt. Papst Clemens V hat somit keine eigentliche Reform an Haupt und Gliedern durch­führen kön­nen, son­dern er kon­nte lediglich einige Mißstände im kirch­lichen Leben abstellen lassen.

An geschichtlichen Ereignis­sen und Ergeb­nis­sen ist fol­gen­des zu beacht­en:
An der Wende des 13. Jahrh. ergibt sich ein Angelpunkt his­torisch­er Entwick­lung. Das in sein­er Har­monie nicht leicht zu übertr­e­f­fende Gebäude der mit­te­lal­ter­lichen Gottesphilosophie,ist die im prak­tis­chen Leben überge­führte Syn­these von Natur und Über­natur in einen Gottesstaat mit seinen bei­den höch­sten Spitzen, näm­lich Papst und Kaiser. Es wird ver­sucht, das bedro­hte Fun­da­ment wieder zu festigen.Der Feind ist der erstark­ende nationale Staat, der aus dem gesteigerten Empfind­en der völ­li­gen Selb­ständigkeit natür­lichen Denkens und der irdis­chen Kul­turgüter her­auswächst. Er rüt­telt an dem großen Kul­tur­bau des Mit­te­lal­ters. Vor allem in Frankre­ich sind die weltlichen Fürsten eifrig darauf bedacht, im Gegen­satz zum päp­stlichen inter­na­tionalen Kaiser­tum, den nationalen Staat als selb­ständi­ges Glied ein­er Kul­turge­mein­schaft Europas zu schaf­fen.

Mit­te­lal­ter­lich­er Gottesstaat und nationale Einzel­staat­en sind an sich zwar keine inneren Gegen­sätze, wohl aber starke gegen­seit­ige Pole, die in der Wirk­lichkeit der geschichtlichen Entwick­lung des 13. Jahrh. mit erschreck­ender Wucht aufeinan­der prallen.

Der Proku­ra­tor Arnoldus de Dorslon ist somit in eine für ihn inter­es­sant zu wer­dende Zeit hineinge­boren und mit ein­er Auf­gabe bedacht und ver­traut gemacht wor­den, der er dann wohl auch gewach­sen gewe­sen ist, wie man geschichtlich nachvol­lziehen kann.

Es bedarf jedoch noch weit­er­er Forschun­gen, um klärende Hin­weise über seinen weit­eren Werde­gang her­auszufind­en.

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