Innere und Äußere Mission war das Ziel der Erweckungsbewegung im 19. Jahrhundert. Während die innere Mission eine Reihe von sozialen Einrichtungen schuf, richtete sich die Äußere Mission auf die “Errettung der armen Heiden” in Amerika, Asien, Australien und Afrika. Die bekanntesten Erweckungsprediger waren Volkening in Jöllenbeck und Schmalenbach in Mennighüffen. Die Ravensberger “Heidenmission” brachte eine Vielzahl von Organisationen hervor, darunter “Hülfsvereine”, die Spenden sammelten und Publikationen herausgaben, “Strick- und Nähevereine”, und örtliche “Missionsvereine”. Die Verbindung zwischen Innerer und Äußerer Mission bildeten die Missionsfeste. Die Rheinische Missionsgesellschaft, 1828 gegründet, hatte ihren Einzugsbereich besonders im Ravensberger Land. Über die Vermittlung von Pastoren […]
Waterberg
Friedrich Fabri, der Direktor der Rheinischen Missionsgesellschaft setzte 1879 mit seiner Broschüre “Bedarf Deutschland der Kolonien” die breite gesellschaftliche Diskussion in Gang. Kolonialgegner waren vor allem die Sozialdemokraten und liberale Kräfte, die Kolonialisierung für anachronistisch hielten. Ein wichtiger Aspekt der Kolonialbefürworter waren die Missionare, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Südwestafrika arbeiteten. Sie sollten die Vorarbeit für die Machübernahme leisten und die reibungslose Integration der afrikanischen Völker für koloniale Zwecke gewährleisten.
Mit ihren eurozentrierten-christlichen Weltbild trafen die Missionare auf eine völlig andere Lebens- und Erfahrungswelt, welche als “heidnisch”, “barbarisch”, “steinzeitlich” und “unzivilisiert” wahrgenommen wurde. Hier setzten die Missionare ihre “Kulturarbeit” an, mit
“Ich bin, weil wir sind” — afrikanische Identität bedeutet Teilhabe an einer kollektiven Identität in Gemeinschaft in lebendiger Gemeinschaft mit den Ahnen. Land und Boden war Gemeinschaftseigentum der Stämme und damit unveräußerlich, da es nicht nur den Lebenden sondern auch den Ahnen gehörte. Jedoch kannten die Afrikanischen Völker die Vergabe von Nutzungsrechten. Nach dem Tod des Nutznießers fiel das Land automatisch wieder dem Stamm zu. Dagegen hielten — und halten bis heute — deutsche Siedler ihre deutschen “Kaufverträge”, die ihr Recht auf rechtmäßigen Besitz des einst okkupierten Landes beurkunden, während die afrikanischen Völker heute ihr Eigentum zurückfordern. Dieser Konflikt ist […]
Die “Schutzverträge” als scheinbar bilaterale Verträge waren ein wichtiges Instrument zur Versklavung der afrikanischen Völker und zur Enteignung von Grund und Boden auf “legaler” Basis. Die nächste Stufe der Okkupation war die systematische Besiedlung des Landes durch Siedlungsgesellschaften, die das in den Schutzverträgen gesicherte Nutzungsrecht in Kaufrecht umwandelten und die mit fantastischen Versprechungen sowohl Abenteurer, gescheiterte Existenzen und aufstiegswillige Aussteiger anlockten. Wer im Kaiserreich zu den Unterschichten gehörte, konnte in den Kolonien ein kleiner König im eigenen Reich werden.
Von Anfang an waren die Missionare ein wichtiges Instrument der kolonialen Herrschaftsergreifung. Mit ihren Sprachkenntnisse waren sie Dolmetscher und Verhandlungsführer beim Abschluss von Schutz‑, Kauf- und Bodennutzungsverträge. Mit dem Einströmen von immer mehr landhungrigen Siedlern, Händlern und Minen- und Erschließungsgesellschaften erkannten die Missionare schnell die Notwendigkeit ihren afrikanischen Missionsgemeinden einen Lebensraum schaffen zu müssen, wollten sie nicht ihren Einfluss auf ihre Zielgruppe verlieren. Schaffung von “Reservaten” hieß das Zauberwort. Gleichzeitig sicherte diese Maßnahme die fortschreitende politische Vorherrschaft der Deutschen und den Verkauf des ertragreichsten Landes an deutsche Siedler. Für die afrikanischen Völker blieben die Restflächen, des zum großen Teil aus […]
Der Ausbruch des Widerstandskampfes der Herero am 12. Januar 1904 kam für die deutsche Kolonialmacht völlig überraschend. Er war monatelang Titelthema aller deutschen Tageszeitungen. Über die Ursachen des Krieges wurde viel spekuliert, die Aussagen der Herero als irrelevant abgetan. Dass afrikanische Völker sich überhaupt das Recht anmaßten, Widerstand gegen die Kolonialisierung zu leisten, rief reichsweit Empörung hervor. Mit ihrer schwierigen Stellung als Seelsorger ihrer afrikanischen Gemeinde gegenüber einerseits und deutsche Untertanen andererseits, gerieten die Missionare zwischen die Fronten. Vor allem die Siedler forderten uneingeschränkte Solidarität mit deutschen Interessen. Als sich mit Kriegsausbruch die Hererostämme sammeln, sah sich Missionar Kuhlmann allein […]
Nach der Übernahme der militärischen Führung durch General Lothar von Trotha im Juni 1904 brutalisierte sich die deutsche Kriegsführung und drängte auf eine Entscheidung am Waterberg im August 1904. Der Vernichtungsbefehl von General von Trotha: Ich, der große General der Deutschen Soldaten sende diesen Brief an das Volk der Herero. Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemordet und gestohlen, haben verwundeten Soldaten Ohren und Nasen und andere Körperteile abgeschnitten, und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehr kämpfen. Ich sage dem Volk: Jeder, der einen der Kapitäne an eine meiner Stationen als Gefangener abliefert, erhält tausend Mark, wer […]
Die Flucht der geschlagenen Herero wird in die wasserlose Omaheke-Wüste, einem Ausläufer der Kalahari, gelenkt, was einem Todesurteil für die Besiegten gleichkam. Dies ist heute als erster deutscher Völkermord historisch anerkannt. Augenzeugenbericht von Hendrik Fraser (Bastard) aus Keetmanshoop: Im März 1905 wurde ich nach Karibib gesandt und begleitete die Truppen von Hauptmann Kuhn zum Waterberg. Ich sah dann, daß die Deutschen keine Gefangenen mehr machen. Die Hereros, die entkräftet waren und waren nicht in der Lage weiterzugehen, wurden gefangen und getötet. An einem Platz in der Nähe des Waterberg in Richtung Gobabis, nach einem Kampf fielen eine große Anzahl (ich […]
Der militärische Sieg über die Herero 1904 und Nama 1907/08 wurde mit einer Vielzahl von Ehrungen und Auszeichnungen für Soldaten und Siedler bedacht. Im November 1905 erhielten General von Trotha, Major Meister und Hauptmann Francke für ihre “Verdienste gegen die Herero” die höchste kaiserliche Auszeichnung, den Ordnen “Pour le Mérite”. Deutsche Heldendenkmäler und Ehrentafeln gibt es auch heute noch eine Vielzahl in Namibia. Und auch in Deutschen Kirchen finden sich gelegentlich Erinnerungstafeln, wie die des Reiters Tiemann in Bielefeld. Ab 1905 und vor allem nach Niederschlagung der Aufstände 1908 gelingt die Errichtung der totalen deutschen Herrschaft in Südwestafrika, die 1915 […]