Der Ausbruch des Widerstandskampfes der Herero am 12. Januar 1904 kam für die deutsche Kolonialmacht völlig überraschend. Er war monatelang Titelthema aller deutschen Tageszeitungen.
Über die Ursachen des Krieges wurde viel spekuliert, die Aussagen der Herero als irrelevant abgetan. Dass afrikanische Völker sich überhaupt das Recht anmaßten, Widerstand gegen die Kolonialisierung zu leisten, rief reichsweit Empörung hervor.
Mit ihrer schwierigen Stellung als Seelsorger ihrer afrikanischen Gemeinde gegenüber einerseits und deutsche Untertanen andererseits, gerieten die Missionare zwischen die Fronten. Vor allem die Siedler forderten uneingeschränkte Solidarität mit deutschen Interessen.
Als sich mit Kriegsausbruch die Hererostämme sammeln, sah sich Missionar Kuhlmann allein in einer feindlichen Umwelt. Seine spektakuläre Flucht in den Reihen der Herero und seine Reflektionen über die doppelte Rolle der Missionare in diesem Konflikt sind einzigartig. Bei den meisten Missionaren herrschte das gleiche Unverständnis gegenüber dem Widerstand vor wie bei Siedlern, Militärs und deutscher Öffentlichkeit. Begründet ist dies in der auf den Apostel Paulus und Luthers Zwei-Reiche-Lehre zurückzuführende Forderung der Mission, auch die afrikanischen Völker hätten die deutsche Kolonialmacht als “von Gott gewollte” christliche Obrigkeit anzuerkennen. Widerstand hiergegen kam aus protestantischer Sicht einer Sünde gegen Gott gleich.


Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.