Das Edikt von Nantes 1598 löst eine Welle von Hoffnung aus, Heinrich IV möge die Einigung der Konfessionen gelingen. Doch unter der Oberfläche brodelt es weiter. 1610 wird Heinrich IV durch einen katholischen Fanatiker ermordet. Die Kriegsherde flammen wieder auf. 1625 zerstört Kardinal Richelieu die unbesiegte protestantische Bastion La Rochelle und leitet damit den Niedergang der Hugenotten ein, der im öffentlichen Widerruf des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV im Jahre 1685 und der völligen Vernichtung hugenottischen Lebens in Frankreich gipfelt. Wenige Tage nach dem Widerruf des Religionsfriedens von Nantes, schreibt am 3. November 1685 Marie-Charlotte Cornuel aus Paris einen […]
Wolfgang Dörscheln
Innere und Äußere Mission war das Ziel der Erweckungsbewegung im 19. Jahrhundert. Während die innere Mission eine Reihe von sozialen Einrichtungen schuf, richtete sich die Äußere Mission auf die “Errettung der armen Heiden” in Amerika, Asien, Australien und Afrika. Die bekanntesten Erweckungsprediger waren Volkening in Jöllenbeck und Schmalenbach in Mennighüffen. Die Ravensberger “Heidenmission” brachte eine Vielzahl von Organisationen hervor, darunter “Hülfsvereine”, die Spenden sammelten und Publikationen herausgaben, “Strick- und Nähevereine”, und örtliche “Missionsvereine”. Die Verbindung zwischen Innerer und Äußerer Mission bildeten die Missionsfeste. Die Rheinische Missionsgesellschaft, 1828 gegründet, hatte ihren Einzugsbereich besonders im Ravensberger Land. Über die Vermittlung von Pastoren […]
Friedrich Fabri, der Direktor der Rheinischen Missionsgesellschaft setzte 1879 mit seiner Broschüre “Bedarf Deutschland der Kolonien” die breite gesellschaftliche Diskussion in Gang. Kolonialgegner waren vor allem die Sozialdemokraten und liberale Kräfte, die Kolonialisierung für anachronistisch hielten. Ein wichtiger Aspekt der Kolonialbefürworter waren die Missionare, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Südwestafrika arbeiteten. Sie sollten die Vorarbeit für die Machübernahme leisten und die reibungslose Integration der afrikanischen Völker für koloniale Zwecke gewährleisten.
Mit ihren eurozentrierten-christlichen Weltbild trafen die Missionare auf eine völlig andere Lebens- und Erfahrungswelt, welche als “heidnisch”, “barbarisch”, “steinzeitlich” und “unzivilisiert” wahrgenommen wurde. Hier setzten die Missionare ihre “Kulturarbeit” an, mit
“Ich bin, weil wir sind” — afrikanische Identität bedeutet Teilhabe an einer kollektiven Identität in Gemeinschaft in lebendiger Gemeinschaft mit den Ahnen. Land und Boden war Gemeinschaftseigentum der Stämme und damit unveräußerlich, da es nicht nur den Lebenden sondern auch den Ahnen gehörte. Jedoch kannten die Afrikanischen Völker die Vergabe von Nutzungsrechten. Nach dem Tod des Nutznießers fiel das Land automatisch wieder dem Stamm zu. Dagegen hielten — und halten bis heute — deutsche Siedler ihre deutschen “Kaufverträge”, die ihr Recht auf rechtmäßigen Besitz des einst okkupierten Landes beurkunden, während die afrikanischen Völker heute ihr Eigentum zurückfordern. Dieser Konflikt ist […]
Die “Schutzverträge” als scheinbar bilaterale Verträge waren ein wichtiges Instrument zur Versklavung der afrikanischen Völker und zur Enteignung von Grund und Boden auf “legaler” Basis. Die nächste Stufe der Okkupation war die systematische Besiedlung des Landes durch Siedlungsgesellschaften, die das in den Schutzverträgen gesicherte Nutzungsrecht in Kaufrecht umwandelten und die mit fantastischen Versprechungen sowohl Abenteurer, gescheiterte Existenzen und aufstiegswillige Aussteiger anlockten. Wer im Kaiserreich zu den Unterschichten gehörte, konnte in den Kolonien ein kleiner König im eigenen Reich werden.
Von Anfang an waren die Missionare ein wichtiges Instrument der kolonialen Herrschaftsergreifung. Mit ihren Sprachkenntnisse waren sie Dolmetscher und Verhandlungsführer beim Abschluss von Schutz‑, Kauf- und Bodennutzungsverträge. Mit dem Einströmen von immer mehr landhungrigen Siedlern, Händlern und Minen- und Erschließungsgesellschaften erkannten die Missionare schnell die Notwendigkeit ihren afrikanischen Missionsgemeinden einen Lebensraum schaffen zu müssen, wollten sie nicht ihren Einfluss auf ihre Zielgruppe verlieren. Schaffung von “Reservaten” hieß das Zauberwort. Gleichzeitig sicherte diese Maßnahme die fortschreitende politische Vorherrschaft der Deutschen und den Verkauf des ertragreichsten Landes an deutsche Siedler. Für die afrikanischen Völker blieben die Restflächen, des zum großen Teil aus […]
Der Ausbruch des Widerstandskampfes der Herero am 12. Januar 1904 kam für die deutsche Kolonialmacht völlig überraschend. Er war monatelang Titelthema aller deutschen Tageszeitungen. Über die Ursachen des Krieges wurde viel spekuliert, die Aussagen der Herero als irrelevant abgetan. Dass afrikanische Völker sich überhaupt das Recht anmaßten, Widerstand gegen die Kolonialisierung zu leisten, rief reichsweit Empörung hervor. Mit ihrer schwierigen Stellung als Seelsorger ihrer afrikanischen Gemeinde gegenüber einerseits und deutsche Untertanen andererseits, gerieten die Missionare zwischen die Fronten. Vor allem die Siedler forderten uneingeschränkte Solidarität mit deutschen Interessen. Als sich mit Kriegsausbruch die Hererostämme sammeln, sah sich Missionar Kuhlmann allein […]