Schulzeit, Naturwissenschaft, berufliche Laufbahn und Familienforschung
(1944–1997, Einleitung 2025)
Teil 1 – Schulzeit (1944–1952)
Kriegserlebnisse in der Kindheit
Seit dem 1. September 1939 befand sich Deutschland im Krieg. Die Kriegshandlungen erreichten auch unser Dorf. Nachts war am Horizont oft ein heller Schein zu erkennen, und Fliegeralarme wurden immer häufiger.
Auf dem Heimweg von Peddensiepen nach Horringhausen bei Lüdenscheid wurden wir bei Tieffliegerangriffen gezwungen, uns in Sträucher am Waldrand zu werfen. Die Tiefflieger schossen auf alles, was sich bewegte, hatten aber offensichtlich die Kleinbahn (KAE) im Visier, da sie Soldaten oder Waffentransporte vermuteten.
In der Schule begann jede Stunde mit dem Aufstehen, dem Gruß an den Lehrer mit erhobenem Arm und „Heil Hitler“. Wiederholte Fliegeralarme führten häufig dazu, dass uns der Lehrer nach Hause schickte.
Orte der Kindheit und erste Naturerfahrungen
Orte wie die Füllbecker Trinkwasser-Talsperre oder die Freibäder weckten mein frühes Interesse an der Natur. Später vertiefte ich diese Erfahrungen bei geologischen Exkursionen in Belgien. 1994 entstanden Freundschaften und eine Städtepartnerschaft zwischen Lüdenscheid und Leuven.
Inhaltsverzeichnis
Feierlichkeiten und Propaganda
Feierlichkeiten wie der Führergeburtstag am 20. April prägten unsere Kindheit. Wohnungen und Klassenzimmer wurden mit Birkengrün geschmückt, Marschmusik lief im Radio, und ältere Schüler der Hitlerjugend und des BDM halfen bei der Dekoration.
Entnazifizierung und Schulwechsel
Nach der Entnazifizierung 1946 wurde Lehrer Kneibhof in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Neuer Lehrer wurde Walter Eibach, ehemaliger Major der Wehrmacht.
Erste naturwissenschaftliche Interessen
Ich begann, Naturmaterialien zu sammeln, wie Pyritkristalle am Bahndamm der KAE. Meine Schulzeit endete im Herbst 1951, als ich meine erste berufliche Tätigkeit bei der Firma Ewald Schulte aufnahm.
Teil 2 – Mein Hobby: Naturwissenschaft im Sauerland (1947–1960)
Erste Fossilienentdeckungen
Im Oktober 1947 entdeckte ich erstmals Fossilien am Waldrand in Wislade bei Lüdenscheid. Am 13. März 1960 besuchte ich diese Stelle erneut, organisiert über die Amtsgemeinde Lüdenscheid. Ich fand einen Brachiopoden (Spirifer sp.) und weitere Fossilien.
Sammlung von Flora und Fauna
1952 legte ich ein Herbarium, eine Schmetterlingssammlung, eine Vogeleiersammlung und eine Fantasiesammlung von Hölzern an.
Fossilienfundstellen im Sauerland
- Grünewiese, Kreis Altena: großes Korallenfragment, Cephalopodengehäuse
- Halde bei Pinnehütte: Muscheln (Avicula reticulata), Brachiopoden (Atrypa reticularis), Crinoidenteile, Diabas-Handstücke
- Schlucht Lusenocken, Brüninghausen: kleines devonisches Riff (bis 1960)
- Strandfläche Verse-Talsperre: Gyroceras ornatum, unteres Mitteldevon
Wissenschaftliche Unterstützung und Publikationen
- Frank’sche Verlagsbuchhandlung, Katasteramt Lüdenscheid
- Lüdenscheider Rundschau berichtete über meine Sammlung
- Ausweis zum Sammeln im gesamten Kreis Altena
Teil 3 – Aus einem Hobby wird Wissenschaft (1960–1962)
Neue Möglichkeiten in Remscheid
Mit dem Umzug 1960 nach Remscheid erschloss sich ein neues Forschungsgebiet. Ein Ausweis des Kulturamts Remscheid erleichterte die Arbeit im Gelände.
Begegnung mit Dr. Friedrich Goldenberg
- Audienz am 29. November 1960
- Gemeinsame Exkursionen, Präparation von Fossilien, wissenschaftliche Benennung
- Zwei Fossilien nach seinem Namen benannt
Praktische Ausbildung
- Präparation am Tisch, Einsatz von Binokularen und Lupen
- Handhabung spezieller Werkzeuge
- Systematisches Feldbuch statt Tagebuch
- Auffinden von Fundstellen mit Karten und Kompass
- Kombination von Aussehen und wissenschaftlichem Namen der Fossilien
Beispiel bei der ersten Exkursion am 18. März 1961:
- Modiomorpha waldschmitti (Scheffel-Gestalt)
- Aspidotheka fuchsi (Schild-Gehäuse)
Eigenständige Exkursionen und Abschluss
- Juli 1961: Eigenständige Führung mit Dr. Goldenberg durch Brüninghausen
- Juli 1962: Letzte Exkursion nach Dahlerau, Dr. Goldenberg verstarb am 30. Juli 1962
- August 1962: Übernahme seines wissenschaftlichen Nachlasses (Vitrinen, Bücher, Werkzeuge)
- Weitere Kontakte zu Geologiestudent Horst Rohde (Köln/Münster), Vertiefung der Geländearbeit und Feldbuchführung
Teil 4 – Die Berufung zur WWU Münster im öffentlichen Dienst (1965–1997)
Stipendium und Umzug nach Münster
- Stipendium von 4.800 DM, Kolpinghaus Münster (1965–1967)
- April 1965: Beginn der Lehre am Geologisch-Paläontologischen Institut der WWU Münster
Praktische Ausbildung und Weiterbildung
- Bedienung des Epis-Diaskops, Vorlesungs- und Übungsunterstützung
- Schleifhandwerk, mineralogische Kenntnisse, Mikroskopie (1967–1970)
- Übernahme der Präparationswerkstatt ab 1970
Ausbildung von Lehrlingen und Studenten
- Lehrlinge und Studenten bearbeiteten unter Anleitung Material aus dem Gelände
- Teilnahme an Exkursionen, Erstellung von Dünnschliffen, Präparation von Fossilien
Präparations- und Museumstätigkeiten
- Unterstützung des Museumsleiters, Reparaturarbeiten, Ausstellungen
- Herstellung von Duplikaten und Freilegung von Fossilien
- Dünnschlifftechnik für mikroskopische Untersuchungen
Grabungen und Außendienst
- Fossilienfunde Grube Messel, Darmstadt
- Exkursionen in die Eifel (Vulkan- und Korallenmeergebiete)
- Austausch von Fossilien und Gesteinsproben
Öffentlichkeitsarbeit und Paläobotanik
- Lehrlinge konnten Kurse in Paläobotanik belegen
- Fotografische Dokumentation für Fachliteratur
- Grubenfahrt Bergwerk Ibbenbüren
Dienstausweis und internationale Tätigkeit
- Tätigkeit im europäischen Umfeld nach Absprache mit dem Institut
Ruhestand
Nach 32 Jahren am Institut (1965–1997), einschließlich Leitung der Präparation als Oberpräparator, trat ich am 31. Oktober 1997 in den verdienten Ruhestand.
Teil 5 – Familienforschung und Einleitung (2025)
Im Jahr 2025 blicke ich auf eine bewegte Familiengeschichte zurück – auf Generationen von Menschen, deren Leben, Entscheidungen und Wege den Grundstein für das legten, was wir heute sind. Jede Zeit brachte ihre Herausforderungen und Hoffnungen, ihre Verluste und Neubeginne. Doch in allem blieb eines beständig: das Band, das uns verbindet – die Familie.
Schon unsere Vorfahren fragten sich, woher sie kamen und welche Spuren ihre Ahnen hinterlassen hatten. Diese Fragen sind zeitlos und tief im Menschen verwurzelt. Sie führen uns zu alten Aufzeichnungen, zu vergilbten Dokumenten, zu Geschichten, die von Mut, Fleiß und Schicksal erzählen.
In unserer Familie gibt es Menschen, die sich dieser Aufgabe mit besonderer Hingabe widmen – die forschen, sammeln und bewahren. Sie öffnen vergessene Kapitel und bringen längst verstummte Stimmen wieder zum Klingen. (Und manchmal greifen sie dabei tatsächlich zum Spaten – ein Gruß an Bruder Klaus) Mit zwei Verwandten, die sich mit Leidenschaft und Ausdauer dieser Forschung verschrieben haben, war es leicht, sich einzureihen und auf eigene Weise etwas beizutragen. Jede gefundene Spur, jeder überlieferte Name und jede Geschichte fügt dem großen Bild unserer Herkunft ein weiteres Stück hinzu.
Mein persönlicher Weg zur Namens- und Familienforschung begann in den Jahren 1991 bis 1996. In dieser Zeit veröffentlichte ich in der Heftreihe „Spuren – Beiträge zur Familienforschung“ erste eigene Aufsätze und Forschungsergebnisse. Diese frühen Veröffentlichungen erzählten von Menschen, Schicksalen und den kleinen Zufällen, die Lebenswege formen.
Mit dem Aufkommen des Internets eröffnete sich ein neues Kapitel. Über eine eigene Homepage konnte ich meine Arbeit fortsetzen und erweitern. Dort teilte ich Berichte, genealogische Erkenntnisse und Beiträge zur Namensforschung, um andere Interessierte zu erreichen und den Austausch zu fördern. Mein besonderer Dank an meinen Neffen Thomas.
Diese Chronik soll mehr sein als eine Sammlung von Daten und Namen. Sie ist ein Denkmal für jene, die vor uns waren, ein Zeichen der Verbundenheit mit dem, was war – und eine Einladung an die, die nach uns kommen.
Ernst-Wilhelm Dörscheln, Oktober 2025