Der Landbote — NF — Band 1 — 5.Jahrgang 2003 — Heft Nr.30
Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Präparator i. R.
Klara Bouvain geb. Junge wurde am 04.11.1891 in der elterlichen Wohnung in Lüdenscheid in der Gasstraße als 3. Kind der Eheleute Wilhelm und Auguste Junge geb. Giebel geboren. Der Vater wurde am 03.03.1860 in Lüneburg und die Mutter am 24.01.1865 in Lüdenscheid geboren. Das Ehepaar heiratete 1888 und bekam 4 Kinder.
Die Geschwister der Clara Bouvain waren Helene Koch, *14.03.1889 †1954, Ernst Junge, *04.07.1890, am 02.10.1916 in Russland gefallen und Elfriede Dörge, * 04.03.1898.
Klara Bouvain war zeit ihres Lebens eine sehr selbständige Person. Das zeigte sich vor allen Dingen dadurch, dass sie, obwohl vier Mal verheiratet, trotz alledem immer berufstätig war. Sie hatte sich in einer Fabrik der Metallverarbeitung an verschiedenen Handmaschinen ausbilden lassen, so dass sie im Laufe der Jahre auch als stellvertretende Vorarbeiterin eingesetzt werden konnte.
Ihre ersten Lebensjahre auch bis nach ihrer ersten Heirat am 11.11.1911 verbrachte sie in Lüdenscheid. Ihr 1. Ehemann war der Schreiner Wilhelm Derx, *1882 in Hessen. Die erste Tochter Edith Klara wurde am 09.04.1912 (2. Ostertag) morgens um 4.00 Uhr in Lüdenscheid an der Lohmühlenstr. 2a, dritte Etage, geboren.
Der Schreiner Wilhelm Derx verstarb sehr früh im Alter von 32 Jahren am 10.11.1914 im Lüdenscheider Krankenhaus.
Klara Derx heiratete kurz darauf einen Mann namens Ernst Schulze. Von diesem ist in Bezug auf Daten, Beruf und Herkunft leider nichts bekannt.
Am 16.11.1915 wurde der Sohn Rudolf Schulze geboren. Er erlernte das Schreiner-Handwerk. Es ist anzunehmen, dass er seinen Beruf noch ausgeübt hat, bevor er zur Wehrmacht eingezogen wurde. Rudolf Schulze wurde dann jedoch im 2. Weltkrieg in Orel/Russland vermisst und ist am 23.02.1943 von seiner Frau Elli für tot erklärt worden.
Klara Schulze lebte etwa bis 1918 in Lüdenscheid. Sie war eine Person, die das städtische Leben liebte und dieses Gefühl auch an ihre Tochter zu vermitteln wusste. Es ist überliefert, dass sie mit ihrer Tochter hin und wieder das Apollo-Kino aufsuchte.
Nach dem Ende des 1. Weltkrieges muß sich die finanzielle Situation der Familie jedoch dramatisch verschlechtert haben, so dass ein Umzug in eine ländliche Umgebung, und zwar ins Rahmedetal erforderlich wurde.
Die neue Arbeitsstelle der Klara Schulze bei der Fa. I.D. Geck befand sich zudem in direkter Nachbarschaft zur Wohnung in Haus Bremecke, oberhalb Grünewiese, so dass sie zwischendurch immer wieder nach dem Rechten sehen konnte.
Die Familie bewohnte Haus Bremecke b. Grünewiese allein und bewirtschaftete einen kleinen Gemüse- und Kräutergarten. Um den Lebens-Unterhalt ein wenig aufzubessern, befand sich ein Hühnerstall mit einigen Legehennen im Bereich eines Obsthofes.
Ob ihr Mann Ernst Schulze den Umzug noch mit erlebt hat oder in welcher Arbeitsstelle er sich zu diesem Zeitpunkt befand, ist nicht überliefert. Klara Schulze war vermutlich zu diesem Zeitpunkt bereits allein dafür verantwortlich, den Lebensunterhalt der Familie zu verdienen und die Organisation des Haushaltes in die Hand zu nehmen.
1918 wurde Edith Derx in der Volksschule in Zum Hohle bei Altroggenrahmede eingeschult. In der Volksschule mit nur einem Klassenraum für alle Jahrgänge knüpfte Edith Derx erste Kontakte zu den Geschwistern Elise und Siegfried Dörscheln.
Die Verbindung der Klara Schulze zur Stadt Lüdenscheid riss dennoch nicht ab, da ihre Schwestern noch dort wohnten. Die Fahrt dorthin wurde mit der Kreis-Altenaer-Eisenbahn (Schnurre) unternommen. Trotz des geringen Verdienstes der Klara Schulze fand bei diesen Gelegenheiten ab und zu ein Kino- bzw. Cafe-Besuch mit ihrer Tochter Edith statt.
Am 12.03.1921 heiratete Klara Schulze den Maschinenaufsteller Karl Eick, *02.07.1888 in Großendrescheid Amt Lüdenscheid, verstorben 1940. Die Trauung fand zunächst im Standesamt Lüdenscheid und später in der evgl. Christus-Kirche Lüdenscheid statt.
Karl und Klara Eick waren beide Arbeitnehmer der Fa. I.D. Geck in Grünewiese.
Am 27.05.1922 wurde die 2. Tochter Helga Eick, später verheiratete Glörfeld, im Haus Bremecke geboren.
Am 29.08.1932 wurde auch der 2. Sohn Karl Ernst Eick dort geboren.
Edith Derx besuchte die Volksschule in Zum Hohle bis 1926. Ab dem 01.04.1926 bis 31.03.1929 besuchte sie die Berufsschule in Zum Hohle Kr. Altena.
Während dieser Schulzeit wurde Edith die Betreuung ihrer jüngeren Geschwister übertragen, da Klara Eick zumindest mehr als halbtags weiterhin in der Fabrik I.D. Geck tätig war. Zu diesem Zeitpunkt war Edith Derx bereits seit mehreren Jahren mit Elise Dörscheln befreundet. Auf Grund dessen kam sie sehr früh zu Besuch in die Villa der Fam. Fr.Wilh. Dörscheln auf Drescheiderhagen.
Die christliche Einstellung dieser Familie brachte es mit sich, dass Edith auch Kontakt zur Evgl. Freikirchlichen Gemeinde Grünewiese bei der Fam. Bredehorn bekam. Die Vergrößerung der Gemeinde brachte es mit sich, dass 1927/28 eine Kapelle zu religiösen Versammlungszwecken gebaut werden musste. Das gesamte Gemeindeleben führte dazu, dass sich Jung und Alt dort treffen konnten und im christlichen Sinne bei verschiedenen Versammlungen und Veranstaltungen kennen lernten. Hier wurden vermutlich auch lose Kontakte der Edith Derx zu ihrem späteren Mann Siegfried Dörscheln geknüpft.
Die ersten Schritte ins Berufsleben begann Edith Derx am 15.06.1930 bis 15.06.1933 im städt. Krankenhaus Lüdenscheid als Hausgehilfin. Die Daten der Rentenversicherungsunterlagen weichen zeitlich, aus welchen Gründen auch immer, von den Daten der beiden abgebildeten Zeugnisse ab.
Edith Derx war mit Kost und Logis im Krankenhaus untergebracht, welches ihr vom Lohn dann auch abgezogen wurde. Sie hat in dieser Zeit auch das von früher her bekannte Stadtleben wieder genossen, und zwar in Verbindung mit Kino-Besuchen und dem Auffrischen von Kontakten zu ihren dort lebenden Verwandten.
Edith Derx zog nach ihrer Tätigkeit im Lüdenscheider Krankenhaus auch in Erwägung, zum Mutterhaus Sarepta in Bethel zu wechseln. Dieses belegt nach Zeugenaussagen auch die Tatsache, dass sie schwarzen Stoff kaufte, um sich vermutlich eine entsprechende Tracht anfertigen zu lassen. Also kann sie sich ihren Gefühlen gegenüber Siegfried Dörscheln noch nicht so sicher gewesen sein.
Letztendlich ließ sie diese Überlegung jedoch fallen, ob mit oder ohne äußere Einflüsse ist nicht bekannt, denn ab dem 23.06.1933 begann sie eine neue Tätigkeit als alleiniges Hausmädchen im Haushalt der Familie Geck in Grünewiese bei Altroggenrahmede. Da diese Arbeitsstelle in der Nähe der Wohnung ihrer Mutter lag, konnte sie wieder zu Hause wohnen. Sie nahm lediglich an den Mahlzeiten im Haushalt der Familie Geck teil, da sie auch für die Betreuung des einzigen Kindes dieser Familie zuständig war. Lt. Überlieferung bekam sie von Frau Ilse Geck auch verschiedene Dinge, und zwar in Form von Esswaren und Kleidungsstücken, die sie dem Haushalt der Mutter zuführen konnte.
An besonderen Feiertagen, zu ihrer Verlobung und späteren Heirat bekam sie ebenfalls entsprechende Zuwendungen. Diese Stelle gab Edith Derx nach einem Zeitraum von 3 Jahren am 04.09.1936 auf eigenen Wunsch auf.
In den folgenden Monaten begannen Edith Derx und Siegfried Dörscheln ihren gemeinsamen Hausstand aufzubauen, um sich in Eggenscheid b. Lüdenscheid eine Wohnung einrichten zu können.
Die Hochzeit der Beiden fand am 05.12.1936 im Standesamt Lüdenscheid statt. Es ist anzunehmen, dass die kirchliche Trauung in der Evgl. Freikirchlichen Gemeinde Grünewiese stattgefunden hat.
Edith Dörschelns weiterer Lebensweg ist ab diesem Zeitpunkt verbunden mit dem des Siegfried Dörscheln und nachzulesen in dessen Expertise. (Siehe Der Landbote NF 2003 H.29)
Im Jahre 1940 verließ auch die jüngste Tochter Helga der Klara Eick, den gemeinsamen Haushalt, um den Erich Glörfeld am Wehberg b. Lüdenscheid zu heiraten.
Im gleichen Jahr verstarb ihr 3. Ehemann Karl Eick. Auf Grund dessen zog Klara Eick 1941 in eine Mietswohnung der Fa. I.D. Geck in Grünewiese. Der nächste Umzug fand 1942 statt, und zwar in eine Wohnung auf dem Drescheiderhagen. Diese Wohnung befand sich gegenüber der Villa Dörscheln.
Innerhalb dieser Zeit hat Klara Eick vermutlich ihren 4. Ehemann Fritz Bouvain kennengelernt und 1942 geheiratet. Genauere Daten hinsichtlich seiner Geburt und späteren Eheschließung sind nicht bekannt.
Nach dem Tode des Fritz Bouvain im Jahre 1945 im Altenaer Krankenhaus verringerte sich der Haushalt der Klara Bouvain auf 2 Personen. In der folgenden Zeit ließ sich Karl-Ernst Eick zum Maler ausbilden. 1955 heiratete er und blieb noch ca. 3 Jahre mit seiner Frau im Haushalt der Mutter Klara Bouvain, um anschließend sein bis zu diesem Zeitpunkt fertig gestelltes Haus beziehen zu können.
Von dieser Wohnung aus wird Klara ihre letzten beruflichen Jahre bei der Fa. Geck absolviert haben, um anschließend in den Ruhestand zu gehen. Da sie kontinuierlich, trotz verschiedener Ehemänner und 4 Kindern, gearbeitet hat, wird sie für damalige Verhältnisse eine angemessene Rente bezogen haben.
1959 zog Klara Bouvain nochmals in eine Wohnung an der Straße in der Helle unterhalb Grünewiese.
Als Klara Bouvain den Haushalt nicht mehr allein führen konnte, zog sie 1965 zu ihrer Tochter Helga, verheiratet mit dem Installateur Erich Glörfeld. Diese hatten in Schafsbrücke ein geräumiges Haus zur Verfügung, in welchem Klara Bouvain ein Zimmer zur Verfügung gestellt bekam.
Im April 1975 verstarb Klara Bouvain im Alter von 83 Jahren. Sie wurde am 22.04.1975 auf dem Friedhof in Altroggenrahmede beigesetzt.
So vollendete sich ein bewegtes und erfülltes Leben einer für damalige Verhältnisse emanzipierten Frau.
Literatur und Quellenangaben:
Der Landbote NF 2003 H.29
(Eine Expertise über Siegfried Dörscheln — zukünftiger Ehemann der Edith Klara Derx)
Familienfotos und Datenblätter der im Text vorkommenden Personen.
http://www.gemeindegruenewiese.net
Rückseite Foto 1916
Lüdenscheid 20. April 16
Lieber Ernst !
Endlich mal ein Lebenszeichen
von dir, wir haben lange
darauf gewartet. Wir freuen
uns, daß du Ostern kommst.
Schreib uns, wenn Du kommst,
daß Ernst Dich abholen kann.
Wie gefällt dir dieses Bild.
Edith macht ein jämmer-
liches Gesicht, daß schadet aber nicht.
Ich will schließen, beachte nicht
die Schrift, ich bin eilig.
Herzliche Grüße sendet dir Ernst
Klara Edith und Rudi.
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