Deutschland hatte unter den Folgen des 30-jährigen Krieges schwer gelitten. Es war verarmt. Ein Drittel der Bevölkerung war umgekommen. Ganze Landstriche waren verödet. Manche Dörfer von ihren Bewohnern verlassen. Auch die Städte hatten schwere Einbußen zu erleiden gehabt. An den Landesherren lag es nun, Maßnahmen zu ergreifen, um Schäden abzuhelfen.
Ende des 17. Jahrhhunderts entsteht in Brandenburg-Preußen eine multikulturelle gesellschaftliche Mischung. Emigranten und Flüchtlinge aus ganz Europa suchten Zuflucht im Land des Großen Kurfürdten.
Überwiegend wirtschafltiche Erwägungen hatten den Großen Kurfürsten veranlaßt, die Grenzen seines Landes für Fremde weit zu öffnen. Die handwerklichen Fähigkeiten der Hugenotten waren ihm sehr willkommen.
Der Große Kurfürst erließ 1685 das berühmte “Edikt von Potsdam”. Des war etwas Ähnliches wie die heutige “Green Card”.
Durch diesen Erlaß fanden Menschen, die wegen ihres Glaubens verfolgten wurden (Hugenotten), in Brandenburg eine neue Heimat. Das Land Brandenburg und auch die Hugenotten profitierten von dieser Geste. Der Fleiß und das Können der Hugenottenfamilien trugen maßgeblich zur wirtschaftlichen und kulturellen Blüte des Landes bei.
Unter den deutschen Ländern nahm Hessen-Kassel den zweiten Platz bei der Aufnahme von Glaubensflüchtlingen aus Frankreich ein, nach Brandenburg-Preußen und vor Würtemberg. Hessen-Kassel erlebte 3 Einwanderungswellen: 1685–16978, 1699, 1720–1722.
Landgraf Karl von Hessen-Kassel hatte den ersten großen Teil der Flüchtlinge zunächst in der Residenzsstadt Kassel unterbringen lassen und nach Überfüllung der Stadt Landstädte und größere Dörfer angewiesen Glaubensflüchtlinge aufzunehmen. Ab 1686 wurde mit dem Bau der ersten Kolonien, Gemeinwesen begonnen, in denen die Flüchtlinge ihrem Glauben gemäß leben konnten.
Die Einwanderung der Hugenotten hatte auch Auswirkungen auf den deutschen Städtebau: Sie vermitteln die neuesten Kentnisse der Baukunst und des Städtbaues in Frankreich. Ein eigener “Hugenottenstil” entsteht. Wobei nicht zu ermitteln ist, ob der Baustil überwiegend durch die französische oder deutsche Baukunst beeinflußt wurde. Viele Städte oder Stadtteile entstanden, z.B.:
- Neustadt
- Hanau
- Freudenstadt
- Mannheim
- Mühlheim/Rhein
- Friedrichstadt/Eider
- Glückstadt
- Neuwied
- Berlin-Friedrichstadt
- Charlottenburg
- Schwedt/Oder
- Krefeld
- Erlangen
- Ansbach
- Kassel
- Karlshafen
- Homburg
- Offenbach
- Neu-Isenburg
Klare, oft recht nüchterne Grundrisse der Städte und einfache Gestaltung der Bauten zeugen von der Handschrift der Hugenotten.
Der Staat ist gehalten, eine Politik zu betreiben, die ein Klima der Toleranz in der Gesellschaft befördert. Dazu zählen die Garantie von Rechtsicherheit für Zuwanderer ebenso wie zum Beispiel Hilfen bei der Integration. Entscheidend ist jedoch, daß jede Bürgerin und jeder Bürger dieses Landes für Toleranz eintritt und Angehörigen von Minderheiten offen und mit Verständnis begegnet.
Manfred Stolpe — Ministerpräsident von Brandenburg
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