Homepage der Familie Dörscheln
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1998/​01 — Wap­pen und Tartsche im Siegel der­er von Dorslon

Beiträge zur Fam­i­lien­forschung — NF — Band 1 — 2.Jahrgang 1998 — Heft Nr.1


Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Prä­para­tor i. R.

Zu Zeit­en des Mit­te­lal­ters waren Herolde Boten, Turnier­leit­er sowie Gesandte und ihnen oblag die gesamte Über­prü­fung des Wap­pen­we­sens. Außer­dem schrieben sie die Wap­pen­büch­er und wur­den deshalb auf Grund ihrer Ken­nt­nisse Heraldik­er genan­nt. Durch sie wurde das Wis­sen über den Ver­lauf der Turniere, die Gepflo­gen­heit­en sowie die beson­deren Leben­sum­stände der Rit­ter und Knap­pen weit­ergegeben.

Nicht jed­er im MA kon­nte Rit­ter wer­den. So mußte der Vater im Rit­ter­stand sein oder ein naher Verwandter,der für die entsprechende Aus­bil­dung zu sor­gen hat­te. Die höfis­che Erziehung fand außer Haus statt. Mit 7 Jahren etwa ver­ließ der Junge sein Eltern­haus, um Page zu wer­den. Page war die Beze­ich­nung für die erste Stufe der Aus­bil­dung zum Rit­ter. Gemein­sam lernte man an Stroh­pup­pen mit dem Holzschw­ert zu kämpfen. Mit dem 14. Leben­s­jahr begann die zweite Stufe. Er wurde Knappe und einem Rit­ter zugeteilt, der ihn in das Rit­ter­leben ein­führen sollte. Der Knappe begleit­ete ihn auf seinen Reisen und half ihm bei Turnieren. Weit­ere Auf­gaben bezo­gen sich auf die Waf­fenpflege und die Ver­sorgung der Pferde.

Kamen die Knap­pen aus höherem Haus, waren sie mitunter schon geschäftlich tätig und siegel­ten eigene Schrift­stücke ab. Siehe die Knap­pen der­er von Dorslon (Spuren Bd. 2, H.3).

In diesem Fall standen sie teil­weise rang­mäßig über manch einem Rit­ter. Mit 2O Jahren wurde der Knappe durch die Schwertleite oder den Rit­ter­schlag feier­lich zum Rit­ter geschla­gen. Der Rit­ter­schlag war eine religiöse Zer­e­monie. Die Nacht vorher ver­brachte er in ein­er Kapelle, um zu beten. Die Kirche zusam­men mit dem Fürsten und den Grafen nah­men dem kün­fti­gen Rit­ter das Ver­sprechen ab, sich an den Ehrenkodex des Ordens zu hal­ten. Die Schwertleite wurde mit einem Turnier gefeiert. Bei solchen Turnieren erprobten die Rit­ter ihre Geschick­lichkeit, denn sie rit­ten mit hölz­er­nen Lanzen — ein­gelegt in die schützen­den Schilder oder Tartschen mit der Ein­buch­tung im oberen Rand — aufeinan­der zu, um sich gegen­seit­ig aus dem Sat­tel zu heben.

Nach der Aus­bil­dung, d.h. dem Rit­ter­schlag zog der Rit­ter meis­tens durch die Lande und diente dem höheren Adel als Krieger oder als Burgmann. War er ein guter Kauf­mann , begann er sich pri­vat eine Exis­tenz aufzubauen. Siehe die Besitzun­gen von Andreas de Durslon milites um 1235, Spuren Bd.2, H.1. Mit­glieder der­er von Durslon, her­vorge­gan­gen aus dem Sach­sen-Stamm der Thuris­louner (Trad. Corb. 826–876) und späteren Thurslen­er (11O6-1128) (Spuren Bd.2, H.2) sind durch weit­ere Schu­lung in den Stand der Min­is­te­ri­alen aufgestiegen und bracht­en es auf diese Weise zu beträchtlichem Anse­hen und geschäftlichem Ein­fluß und sind durch ihr Tun mit der Lan­des­geschichte ver­bun­den. So wird in eini­gen noch vorhan­de­nen Urkun­den der Rit­ter Andreas de Durslon als Geschäfts­mann oder als Zeuge erwäh­nt (Spuren Bd.2, H.1).

Das Wap­pen ist als Sip­pen-und Per­sön­lichkeit­sze­ichen anzuse­hen und muß dementsprechend eine klare Form aufweisen. Der Wap­pen­in­halt mit den Fig­uren und Far­ben ist auss­chlaggebend. Das älteste urkundlich nach­weis­bare Wap­pen der Stammes­lin­ie bleibt unverän­dert das Stammwap­pen, da son­st alle Nachkom­men fälschlicher­weise das­selbe voll­ständi­ge Wap­pen als per­sön­lich­es aufweisen wür­den. Der Inhalt des Stammwap­pens, hier als Beispiel der­er von Dorslon, dient als Grund­lage für die Gestal­tung des per­sön­lichen Wap­pens. Das Fam­i­lien­sym­bol kann erhal­ten bleiben und mit dem Per­sön­lichkeit­sze­ichen neu in Verbindung gebracht wer­den. Das Wap­pen bekommt somit einen neuen Sinn und Zweck.

Die Heraldik des Mit­te­lal­ters wird auch lebende Heraldik genan­nt, denn Teile im Wap­pen wur­den benutzt und reichen bis in das 15. Jh. zurück. Die sogen. tote Heraldik umfaßt die Zeit ohne Waf­fenbe­deu­tung bis in die Gegen­wart. Auch in unser­er Zeit ist es nicht unsin­nig, ein eigenes Wap­pen zu tra­gen. Wap­pen­darstel­lun­gen aus der Ver­gan­gen­heit soll­ten aber nichts vortäuschen, son­dern urkundlich nach­weis­bar sein und in klar­er Lin­ie eine Verbindung aufweisen.

Weit­ere Wap­pen-Darstel­lun­gen in der Ahnen­forschung find­en sich in den Siegeln wieder. Es sind plas­tis­che Abdrücke von Hand­stem­peln. Sie wur­den für die Beurkun­dung ein­er per­sön­lichen Hand­lung benutzt. Durch Übere­in­stim­mung von Wap­pen-und Siegelin­hal­ten z.B. oder wenn Hausze­ichen, Inschriften und Buch­staben-Mono­gramme vorhan­den sind, wird die Forschung außeror­dentlich erle­ichtert.

Die Entwick­lung desjeni­gen Schildes, das in der Heraldik fortlebt, geht auss­chließlich auf die Erfordernisse des Zweikampfes mit dem Schw­ert und der Lanze zurück. Ohne bekan­nte Begrün­dung, nur durch die Tech­nik der Lanzen­führung bee­in­flußt, tauchte im 14. Jhdt. an ver­schiede­nen Orten eine neue Schild­form auf. Man nan­nte sie nicht Schild, son­dern Tartsche und die Rit­ter und Knap­pen kon­nten nun bei­de besitzen. Das beson­dere Kennze­ichen der Reit­er­tartsche war die Ein­buch­tung am Ober­rand zum Ein­le­gen der Lanze. Im Anfang unter­schieden sie sich durch ihren Umriß, später dann durch eine inten­sive Bemalung, z.T. mit Wap­pen und auch Darstel­lun­gen aus dem Leben. Eine Deu­tung geht zurück bis in das Jahr 1279. Hier wird in der Chroni­ka von Sassen einiges über die Tartsche geschrieben. Die Darstel­lung ein­er Tartsche find­et sich auf dem Grab­mal des Rit­ters Ekro vom Stern i.J. 1343 in Würzburg.

Das einzigst erhal­ten gebliebene rit­ter­liche Stammwap­pen mit Stam­mze­ichen von der vor­ange­gan­genen Rit­ter­schaft (siehe Cur­tis und Burg der­er von Dorslon zu Dorslon — Seib.Qu.u.Urk. sowie in Spuren Bd.2, H.2) führt der Knappe Bern­har­di de Dorslon weit­er an. Anhän­gend als Siegel an der Urkunde Nr. 2O5 aus dem Kloster Bre­de­lar um 133O.

Eine Karte aus dem Jahre 1751 der Herrschaft von Fürsten­berg zeigt den Dorslon­er Dis­trict worauf der Fried­hof und der ehe­ma­lige Kirch­platz durch 3 Kreuze gekennze­ich­net sind. In unmit­tel­bar­er Nach­barschaft davon sind ver­schiedene Häuser zu erken­nen, welche an der Via Regia gele­gen sind.

Eine all­ge­meine Deu­tung bezüglich des Wap­pens besagt fol­gen­des:
Wap­pen.: schräg­gerechter in zwei Rei­hen schräggeschachteter Balken auf dem Helm ein zusam­men­gelegter Flug.

Ein weit­eres Siegel an obiger Urkunde hän­gend, geführt von dem Knap­pen Hartwich von Dorslon (133O), hat nicht den Helm mit dem zusam­men­gelegten Flug im Siegel, son­dern das Stam­mze­ichen, näm­lich die schräggeschachteten Balken.

Dieses Zeichen wird noch von weit­eren Knap­pen der­er von Dorslon in abge­wan­del­ter Form bis 1385 auf vorhan­de­nen Urkun­den geführt. Siehe Spuren, Bd.2,H. 3 Orts-und Namensforschung. Hier wurde die Darstel­lung der Knap­pen u.a. der Brüder Bernd und Hartwich de Dorslon aus­führlich­er behan­delt.

Durch fototech­nis­che Darstel­lung, d.h. Ver­größerung und Ver­suche mit Laserkopi­en, sowie ein Abguß (Wieder­gabe) des Siegels sind weit­ere und bessere Deu­tun­gen hinzugekom­men.

Hier wird durch genaue Betra­ch­tungsweise sicht­bar, daß im Siegel weit mehr Sym­bole vere­int sind, als bish­er in der älteren Lit­er­atur gedruck­te Wieder­gaben zeigen. Das Stammwap­pen mit dem Stam­mze­ichen im Siegel ist ein Vor­bild für die von Th. Ilgen zu klein gedruck­te Wieder­gabe. Dieser Druck und auch andere Veröf­fentlichun­gen haben niemals genau zeigen kön­nen, welch­es die weit­eren Sym­bole bedeuten.

Erst jet­zt wird sicht­bar, was man bish­er nicht erk­lären kon­nte oder überse­hen hat. Gut zu erken­nen ist der Umriß, d.h. die Form ein­er Tartsche. Eine der kleinen gerun­de­ten Ein­buch­tun­gen im oberen Bere­ich links und rechts gele­gen, kön­nte für das Ein­le­gen ein­er Lanze gedeutet wer­den. Außer­dem sind in diesen Ein­buch­tun­gen kleine Wöl­bun­gen in Punk­t­form zu erken­nen. Im unteren sehr scharf geza­ck­ten (zah­n­för­mi­gen) Bere­ich liegen die Wöl­bun­gen außer­halb und die rund­herum angelegten Buch­staben sind als Name des Siegelin­hab­ers zu entz­if­fern.

Durch die entsprechende Ver­größerung des Siegels ist auch die typ­is­che Helm­form des 14. Jhdt. zu erken­nen, und zwar han­delt es sich um einen Kübel­helm, auf dem der Flug ange­bracht ist. Der Helm im Wap­pen dage­gen zeigt die sogen. Stech­helm­form — die jedoch eigentlich erst um Jahrzehnte später getra­gen wurde.

Auf diese Art und Weise der Ver­größerung eines Siegels kon­nte etwas mehr aufgezeigt und die Forschung in dieser Rich­tung zunächst als been­det betra­chtet wer­den.

Die Rit­ter und Knap­pen der­er von Dorslon
(*) siegel­nde Knap­pen — vero et min­is­te­ri­ale eccle­sie

  • 1210–1235: Rit­ter Andreas de Durslon
  • 1210: Rit­ter Con­radus de Durslon
  • 1235–1251: Knappe Hart­man­nus de Durslon
  • 1263–1280: Rit­ter Hartwicus de Durslon
  • 1298: Rit­ter Bern­hardus de Dorse­lo
  • 1314: Rit­ter Con­radus de Dorslon
  • 1314: Knappe Ever­hardus von Dorslon
  • 1330: Knappe Bernd von Dorslon(*)
  • 1330: Knappe Hartwich von Dorslon(*)
  • 1331–1337: Knappe Florin von Dorslon(*)
  • 1335–1349: Rit­ter Friedrich de Dorslon
  • 1352–1360: Knappe Con­radus von Dorslon
  • 1360–1409: Knappe Hartwich von Dorslon(*)
  • 1372–1373: Knappe Bertold de Dorsle(*)
  • 1385–1409: Knappe Bernd von Dorslon(*)

Urkunde 205 von 1330, Kloster Bre­de­lar

Knappe Bernd von Dorslon(*)

Siegel links, mit dem Emblem vom Dorslon­er Wap­pen

Knappe Hartwich von Dorslon(*)

Siegel rechts