Beiträge zur Familienforschung — NF — Band 2 — 4.Jahrgang 2000 — Heft Nr.2
Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Präparator i. R.
Einführung
Im 10. Jahrhundert könnte die erste Befestigung für die Bewohner von Thurslen ehem. Thurisloun ihren Anfang genommen haben und die Holzbauten wurden in den damaligen unruhigen Zeiten durch Steinbauten und Mauern ersetzt. Es galt, sich besser zu verteidigen und die kleinen Burgen unweit der grösseren Anlagen ‑siehe Padberg- taten ein übriges, um noch mehr Sicherheit für die Bevölkerung zu gewährleisten.
Die großen Wallburgen verloren bald an Bedeutung und wurden durch kleinere Wehrbauten ersetzt, in denen sich eine kleine kampferprobte, ritterliche Mannschaft mit ihren Knappen aufhielt. Die Burg war eine kleine steinerne Festungsanlage und erfüllte viele Aufgaben Sie besaß obendrein den Vorteil, dass man die Landwege, hier vor allem die via regia mit dem Umfeld, einsehen konnte. Zur Burg Dorslon gehörte, wie bei allen anderen Burgen, ein Haupthof (Curtis), der sich aus dem alten Adelshof unweit des Burgberges entwickelte.
Hier lebten die Hintersassen, die landwirtschaftliche Arbeiten verrichteten und die Burg mit Lebensmitteln versorgten. Es siedelten sich auch alsbald Handwerker aus verschiedenen Berufen an.Vom Schmied bis zum Maurer sowie die Bediensteten der Burg. Mit Zunahme der Bevölkerung baute man auch schon sehr früh eine Kapelle und als diese zu klein wurde, eine Eigenkirche. Um 1229 galt diese als der Mittelpunkt der zahlreichen zur Burg gelegenen Höfe, dem Haupthof (curtis), den Wohnstätten (mansus) und den Behausungen der Hörigen, Liten oder Laten genannt.
Das Leben des miles und ministeriale ecclesie Andreas de Durslo von 1210 — 1235
In Seibertz Quellen III unter der Überschrift lesen wir: Übersicht der sämtlichen alten Rittersitze im Herzogthum Westfalen und zwar unter Anm. 10, dass eine Curtis und Burg der Familie Durslo gehörte.
In weiteren Berichten wird über die Ritter von Durslo und dortigen Güter im UrkundenbuchConf. d. Register hingewiesen. Hier stellt sich die Frage, ob Andreas und sein Bruder Conradus de Durslo als Knaben diese Burg ihrer Vorfahren aus der Thurislouner und Thurslen Zeit noch unversehrt gesehen haben? Oder wurde die Burg mit ihren Wehranlagen in dieser Zeit als Wehrkirche schon so umgebaut, dass dort keine Burgmannschaft mehr dauernd ihren Dienst versah? Auf welcher Burg haben Andreas und sein Bruder Conradus dann ihre Knappenzeit verbracht und welcher Edelherr hat sie zum Ritter geschlagen?
Mitunter haben einige Ritter und Knappen nur im Kriegsfall in den Wehranlagen gelebt, ansonsten haben sie andere Tätigkeiten ausgeübt, so auch nachzulesen im Falle der Kreuzritter. Der eine oder andere Ritter und Knappe
derer von Durslo und aus anderen Geschlechtern wird sicherlich auf den Burgen im Umfeld eine neue Aufgabe gefunden haben.
Andreas Eltern und Geschwister sowie deren Verwandten soweit sie noch in Dorslon lebten, wohnten sicherlich in ihrer oben genannten Curtis und anderen Hofanlagen. In späteren Jahren, in der sogenannten Knappenzeit, wird häufig über Besitzungen derer von Dorslon berichtet. Man muß daher annehmen, dass der Grundbesitz weiter vererbt und erst in späteren Zeit durch die fortschreitenden Wüstungsvorgänge verlorenging. Dorslon wurde Kirchort, denn 1229 wurde bereits der erste Pfarrer genannt. Wahrscheinlich ist Andreas sehr früh in den Dienst der Paderborner Kirche getreten und wurde u. a. auch als Ritter und Zeuge bei verschiedenen rechtlichen Angelegenheiten geladen. (Beiträge zur Familienforschung NF Bd.2, 2000 H.1)
Im Jahre 1210 August 23, wird zum erstenmal sein Name in den Urkunden erwähnt. (WUB 4,39)Er ist einer der Zeugen (Testes) bei einem Rechtsstreit über die Frage, ob das Amt Enenhus bei Paderborn nach dem kinderlosen Tod des Lehnsträgers dessen Seitenverwandten als Lehen zustände, oder als erledigt an den Bischof zurückzufallen sei. Bischof Bernhard der III. beschwört dies Letztere und bestimmt zugleich, dass weder er noch einer seiner Nachfolger dies Amt für die Folge je dem Hochstift entfremden dürfe.
Im gleichem Jahr sind er und sein Bruder der Ritter (miles) Conradus Zeuge, als Bischof Bernhard III. von Paderborn bekundet, dass das Kloster Bredelar ein Gut in Bruninchusen, das von dem Grafen Dietrich von Horhusen zu Lehen ging, gekauft hat. (WUB 7,74)
Diese Dienstleistungen, die Andreas als Zeuge in verschiedenen Anliegen der unterschiedlichsten Besitzer geleistet hat, lassen sich in dem Sonderband NF 1999, H.1 über WUB, dann in Spuren Beiträge zur Familienforschung und in NF Beiträge zur Familienforschung Bd.2, 2000 H.1 von E. W. Dörscheln nachlesen.
In dem Jahr 1235 wird zum letzten Mal über ihn als Ritter (miles) berichtet, aber nicht als Zeuge, sondern über seine geschäftlichen Angelegenheiten, das heißt über einen Besitz außerhalb Dorslon gelegen. (WZ, 46 Nr. 20)
Andreas ist sicherlich viel umhergereist, denn es werden in den Urkunden stets immer wieder andere Orte genannt, in denen er als Zeuge oder geschäftlich zu tun hatte. Das heißt, auch sein jeweiliges Domizil ist sicherlich dieser Situation angepasst. Außer ihm gab es später (1360 — 1381) in seiner Verwandtschaft nur noch eine Person, die Besitz außerhalb seines Domizils hatte, und zwar den Propst Florin de Dorslon, Lehnsherr zu Marsberg. (Beiträge zur Familienforschung NF Bd. 1 H. 4 ), WUB 4, 242