Beiträge zur Familienforschung — NF — Band 1 — 3.Jahrgang 1999 — Heft Nr.6
Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Präparator i. R.
Nach den Ortsangaben aus dem Bürgerbuch der Stadt Münster 1538–1660 kommen 95% der Zuwanderer aus dem Münsterland. Bauernblut aus den Dörfern und Bauernschaften war an erster Stelle, welches in die Heimatstadt hineinströmte und immer wieder die Volkskraft vor dem Absinken bewahrte. Hier waren die kinderreichen Familien ansässig und füllten in Handwerk und Handel immer wieder die Lücken des Bürgertums auf. Das Ortsverzeichnis der Bürgernamen zeigt, daß jeder ansehnliche Ort im Umkreis stets eine stattliche Anzahl seiner Einwohner an Münster verlor.
Hier z.B. sind es die Bürger der Städte Telgte und Warendorf, deren Vorfahren von den Schultenhöfen West- und Ostdorsel — ehem. Dodesloh — kamen und um 1619 u. 1627 als neue Bürger in die Bürgerschaft der Stadt Münster aufgenommen wurden. (Abb. aus Bürgerbuch)
So könnten auch von dem Dorseler Hof, nördlich Münster gelegen, einige Familienangehörige in die Stadt gezogen sein. (Abb. der Karten)
Seit der zweiten Hälfte des 13.Jh. ist urkundlich erwähnt, daß Neubürger durch den vom Bischof ernannten Stadtrichter und dem Rat aufgenommen wurden. Beim Richter und nicht beim Rat mußte man sich qualifizieren. Erst wenn der Bewerber vom Richter aufgenommen war, trat der Rat zur Erledigung der weiteren Formalitäten in Erscheinung.
Wichtige Quellen hierfür sind die Kriminalakten und Ratsprotokolle, die dann allerdings durchaus eindeutige Nachrichten darüber enthalten, wie sich der weitere Lebensweg z.T. gestaltet hat. Am schärfsten umreißt die Bedeutung seiner Rolle als Richter der folgende Auszug aus einem Ratsbeschluß vom 13. Febr. 1632. (Abb. aus Bürgerbuch u.d. Strafsachen)
Bei einer Aufnahme von Bürgern und damit verbundenen Verordnungen war stets die erste Instanz der Fürstliche Richter. Der Rat war dagegen nicht viel mehr als ein ausführendes Organ. 1582, als nochdie Höhe des Bürgergeldes von Fall zu Fall festgesetzt wurde, wirkte der Richter dabei maßgeblich mit den Richtherrn zusammen. Damals wie auch später, wurde dem Richter nicht weniger als die Hälfte der Gebührengelder zugesprochen.
Da es keine einheitliche genaue Aufstellung über die jeweiligen Gebühren gab, wurde z.B. in einem Ratsprotokoll der Stadt Beckum von 1626 eine Gebühren-Aufstellung einiger umliegenden Städte zu Grunde gelegt, wodurch festgestellt wurde, daß die Gebühren außerordentlich schwankten. (Abb. aus Bürgerbuch)
Bis zur Festsetzung im Jahre 1582, scheint es einem Ratsbeschluß aus dem Jahre 1580 zufolge, einen festen Satz für das Bürgergeld nicht gegeben zu haben. Es bewegte sich in etwa in der Höhe von 2–3 Goldgulden, welches sich auch nach dem Vermögen des Aufzunehmenden richtete. Unter den auffallend vielen Armen, deren Aufnahme das Bürgerbuch protokolliert, finden sich auch einige wenige, die “gratis propter Deum” zur Bürgerschaft zugelassen wurden.
Wenn die Einwohnerzahl zurückging, erkannte die Obrigkeit sehr schnell, daß sie nicht an gewissen Prinzipien festhalten durfte, z.B. daß die Religionszugehörigkeit lediglich bedingt eine Rolle spielte oder auch der Herkunftsort.
Was die Hörigkeit (frei oder unfrei) anbetraf, wurden auch hier Kompromisse beschlossen. So wenig wie die eheliche Geburt war jedoch die persönliche Freiheit eine Vorbedingung zur Erlangung der Bürgerschaft in Münster.