Beiträge zur Familienforschung — Band 1 — 1.Jahrgang 1991 — Heft Nr.2 — Auszug
Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Präparator i. R.
Siehe Spuren, Beiträge zur Fam. Forsch. Bd. 1, 1991 H. 18
Eine allgemein zu wenig bekannte Tatsache ist, dass eine grosse Zahl von Dörfern und Siedlungen in unserem Heimatgebiet im Laufe der Zeit wieder vom Erdboden verschwunden sind. Diese nicht mehr vorhandenen ehemaligen Siedlungen und Gebiete bezeichnet man als Wüstungen. Für die Landschaftskunde, Landeskunde oder auch Landesgeschichte hat dies eine weittragende Bedeutung, ebenso für die Familiengeschichte. Hauptsächlich waren Dörfer diesem Schicksal verfallen, und zwar oft auf Grund der Tatsache, dass umliegende Ortschaften und auch Städte die Bewohner an sich gezogen haben.
Die Verödung brauchte aber nicht ganz vollkommen zu sein, z. B. Gemäuer, Kirchen und Mühlen, auch Einzelhöfe sind oft als Reste übriggeblieben. Es handelt sich um die sogenannten Zeugensiedlungen, die von ihren Bewohnern nur teilweise verlassen wurden, um später bei einem Wiederaufbau mit übernommen zu werden.
Zu den Dörfern, die im Laufe der Zeit ihren Namen gewechselt haben, gehört das frühere Dorslon b. Fürstenberg. Es finden sich genügend Anhaltspunkte (siehe G. Henkel) um sagen zu können, dass sich hier früher ein Dorf mit einer Kirche und allem was dazu gehört befunden hat.
In einer späteren Erläuterung soll auf diese ehemalige Ortschaft eingegangen werden, zumal sie mit ihrem früheren Namen familiengeschichtlich an Bedeutung zugenommen hat.
Auch auf ehemaligen Wehr-Anlagen, z. B. aus der Römerzeit, haben die Menschen gesiedelt. Eine besonders günstige Lage hat dann schnell die Bebauung gefördert.
Dieses trifft in besonderem Masse auf die Ortschaft Dorsel im Ahrtal zu, wo damals teils aus strategischen und auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, z. B. Erzabbau und Verhüttung, nachweislich die Entstehung der heutigen Ortschaft begünstigt wurde. Die Besiedlung einerseits und der dazugehörige Kirchenbau, gefördert durch die Männer von Kirche und Adel, waren dabei ausschlaggebend.
Eine Urkunde (siehe Marx) aus dem Jahre 1149 belegt, dass ein Heinrich von Dorsel (alte Schreibweise: Heinricus de Dorsulen) als Lehnsherr des Dietrich von Are, Graf und Herr der Burg Are über dem Ahrtal gelegen, ein Mitbegründer dieser Ortschaft Dorsel war. Dieser Ort gewinnt insofern an Bedeutung, weil so früh der Personenname auftaucht und sich bis heute als Ortsname erhalten hat.
Ein weiteres Beispiel sind die beiden Ansiedlungen Ost- und West Dorsel zwischen Telgte und Warendorf gelegen; frühere Bezeichnung Ost- und West- Dodeslo, die nachweislich eine Namensänderung durchgemacht haben, welches ebenfalls in einem weiteren Kapitel zu behandeln wert ist.
Im 15. Jahrhundert wurde Deipmar van Dorslen belehnt, so dass eine entsprechende Ansiedlung erfolgen konnte, lt. Abschrift einer Urkunde, (siehe E. Dösseler) aus dem Landesarchiv Düsseldorf.
Es ist anzunehmen, dass sich die Ortschaft Dorseln, das heutige Dörscheln b. Rönsahl auf Grund dessen entwickeln konnte, da diese Ortschaft seit dem 16. Jahrhdt. urkundlich erwähnt wird, siehe Stammbaum der Fam. Dörscheln.
Die verschiedene Schreibweise des Namen Dorseln hat auch landschaftsbezogen zu erstaunlichen Variationen geführt. Einige Beispiele geben Urkundenbücher und auch heutzutage die Adressbücher wieder. Mit fehlendem oder anhängendem “n” ebenfalls ein “ö” oder “o” muss ebenfalls der jeweiligen Zeitschreibweise zugesprochen werden.
Eine weitere hilfreiche Spur ist die der Wappen- und Siegelkunde, wobei was unseren Namen anbelangt, noch viele Fragen offenstehen, denn die Archive und Bibliotheken sind sehr zahlreich und ein intensives Suchen ist von Nöten.
Drei Urkunden mit insgesamt 5 Siegeln (siehe Th. Ilgen) aus den Jahren 1373 bis 1385 beinhalten die Namen de Dorsle, van Dorsle und von Dorslon. Von einem dieser Siegel (siehe M. Spießen) wurde das Wappen derer von Dorslon abgezeichnet.
Im schwäbischen Raum (siehe J. Siebmacher) führte man um 1692 das Wappen derer von Dorschel. Der erste erstellte Familienstammbaum derer von Dörseln-Dörscheln beginnt im Jahre 1603. Neuere Forschungen haben jedoch ergeben, dass sich zwischen den oben genannten Personen und Gebieten Bezugspunkte ergeben haben, die in die weitere Vergangenheit hineinreichen.
Weitere Urkunden in diesem Falle mit Oblatensiegeln und Verschluss-Siegeln mit dem Namen Dorsel finden sich aus dem Jahre 1599 mit den Initialen “I.D.” (Johannis Dorsel).
Eine Auswahl von den in den Urkundenbüchern vorkommenden Namen, welche mit einigen Ausnahmen an Personen und Siedlungsgebiete gleichermaßen gebunden sind, soll die nachfolgende Aufstellung bringen. Die Entwicklung in Richtung des Namens “Dorsel” ist in allen vier Gebieten zu erkennen.
Weitere Forschungen müssen Klarheit bringen, dass in der Vergangenheit eine enge Beziehung zueinander bestand, da es nur wenige Personen waren, die an vier verschiedenen Stellen die Gründung der Ansiedlungen herbeigeführt haben können.
Urkunde 205 von 1330, Kloster Bredelar
Knappe Bernd von Dorslon(*)
Siegel links, mit dem Emblem vom Dorsloner Wappen
Knappe Hartwich von Dorslon(*)
Siegel rechts
Die in Forschungsberichten aufgeführten Wappen der Familien
Dörscheln | Dorslon |
Dorschel | Doorslaer |
Brobeck | Blohm |
Dorsel | Linden |
Reckelinghausen | Wolff |
Klenner | Haldessen |
Erläuterungen
1. Blohm oder Blohme, Blome, Blom
Wappen: in Gold ein aus blauen Wolken im linken Obereck hervorgehender schwarz geharnischter Arm, in der Hand drei weisse Tulpen haltend; auf dem Helm mit schwarz- goldener Decke: der Arm mit sechs weissen Tulpen wachsend.
Die väterlichen Vorfahren stammen aus Lifland, wo diese Familie noch in mehreren Linien vorhanden ist. Im ersten Erbebuch der Stadt Riga ist 1385 – 1394 ein Bürger H. Blome erwähnt. Ferner 1392 ein dominus (Ratsherr) H. Blome.
2. Brobeck
Drei im Winkel um einen Ring oder eine Kugel gesetzte Feuerhaken, auf dem Helm offener Adlerflug. Eine Siegelbe-
schreibung des XVII Jhs. (s. Westf. UB. IV 2180).
Die Brüder Bernd und Hartwig von Dorslon haben den Duvelshof um 1409 an den Knappen Herbort von Brobecke und seine Frau Luneke vererbt.
3. Dörscheln
Das Wappen der Familien von Dörseln und Dörscheln zeigt am Fusse einen rotsilbernen märkischen Schachbrettbalken.
Darüber erhebt sich ein knorrig grün belaubter Baum, der seine braunen Wurzeln nach unten verteilt.
Der um 1450 geborene Deipmar van Dorslen aus dem Geschlecht derer von Dorslon bei Montes Martis wird am 21. Februar 1480 mit dem Hof zu Bürhausen belehnt. Er wird als Begründer der Ortschaft Dörseln (s. Spuren H. 18) heute Dörscheln N/O von Rönsahl gelegen, angesehen.
4. Dorschel
1692 in Schwaben ansässige Bürger-Familie. – W.: Zwei ins Andreaskreuz gelegte Dreschflegel, von zwei Zweigen umgeben.
Im sächsischen Gebiet um Meißen und Dresden findet sich der Name wieder, jedoch in veränderter Form, und zwar als Dörschel. Dies könnte im Rahmen der Ostkolonisierung zustande gekommen sein, dass das “n” im Namen Dörscheln im Laufe der Zeit verloren ging.
5. Dorsel
Ein Wappensiegel um 1598/99 mit dekorativer Schildform aus der Hochrenaissance. Die leicht ovale Siegelform hat im oberen Feld die Initialen J.D. (Johann Dorsel) und im unteren Wappenbereich einen liegenden Eichenzweig mit drei Eicheln, wobei eine davon nach oben gerichtet ist und zwei nach unten hängen.
Johann Dorsel war laut vorhandenen Urkunden um 1598/99 Ratsherr in Warendorf und Wappen- sowie Siegelführer.
6. Dorslon
Dorslon, Dureslo, Dorsele (Taf. 101.) – Stammsitz liegt b. Marsberg. – W.: Schrägrechter in zwei Reihen schräggeschachter Balken, auf dem Helm ein zusammengelegter Flug. – Q.: Archiv des Hauses Engar. – Die Familie wird in Urkunden noch um 1434 erwähnt.
Dieses Wappen finden wir an den z.Zt. vorhandenen fünf Urkunden aus den Jahren 1330, 1372, 1373 und 1385. Insgesamt hängen an den Urkunden sechs Siegel mit den in sich nur wenig abweichenden Wappen, mit einem schräggerechten in zwei Reihen schräggeschachten Balken. Das Emblem der Dorsloner Ritter und Knappen auf dem Helm ein zusammengelegter Flug, erscheint nur einmal auf einem der Siegel.
7. Doorslaer
Laken, 15. Juli 1845, König Leopold I. adelt Edouard-Jean- Antoine van Doorslaer (de ten Ryen) Grossgrundbesitzer.
Ein Hinweis über Vorfahren finden wir im Jahr 1333, und zwar wird Jutta von Dorsfeld und Dorsel gnt. Dorslayr als Hof- und Grundstücksbesitzerin erwähnt.
8. Haldessen
Haldessen. (Tafel 154) – W.: eine Hirschstange. – Q.: Staatsarchiv Münster: Fürstentum Paderborn. – Letzte Erwähnung in Urkunden war um 1341.
Ritter Friedrich de Durslo (Dorslon) war im Jahr 1335 lt. Urkunde und Regesten ein Burgmann und zum Schutz auf Burg Haldessen . Die Geschichte der Burg zieht sich über einhundert Jahre hin und ist, wie aus den Regesten der Erzbischöfe Mainz zu entnehmen ist, sehr wechselhaft. Die erste Erwähnung der Burg findet um 1303 statt.
9. Klenner
Wappen: in S. eine von zwei r. Kleeblättern begleitete r. Spitze, darin auf s. Dreiberg eine Haferähre. Helm: wachsende Jungfrau mit offenem g. Haar. Kleid s.r. gespalten, in der Rechten ein r. Kleeblatt, in der Linken die Haferähre haltend.
Das Wappen von 1905 aus Guhlan b. Domanze, kann durchaus eine lange Vergangenheit haben, denn man kann das Herkunftsgebiet feststellen. Im Nord- bis Ostfriesischen sowie im Nieders. Oldenburg bis ins Oldenburgische Münsterland wird der Name Klenner im Sprachgebrauch u.a. für den Jahreskalender d.h. “Der Klenner” (Erzähler) benutzt.
10. Linden
Linden. Tafel 196 – W.: In R. ein w. Lindenblatt. Auf dem Helm r.w. Wulst, darüber r.w. quergeteilter Flug in gewechselten Farben.
Im Jahre 1650 zog Matthäus von Linden von dem Freigut in Linden Amt Neustadt auf einen Gutshof in Benninghausen im Kirchspiel Kierspe i. W. Seine Tochter Margreta, geb. 1645, wuchs in ihrer neuen Heimat auf dem elterlichen Gutshof auf. 1691 heiratet sie Johannes zu Dorseln. 1699 verstirbt sie. (Siehe Beiträge in 1991 H.1 u. Beiträge NF 2001 H.13).
11. Recklinghausen
Recklinghausen. Tafel 254 – Die Familie war in der Warburger Gegend angesessen. – W.: Widderkopf von vorn. –
Q.: Staatsarchiv Münster, Stift Neuenheerse. Die Familie wird noch 1446 in Urkunden erwähnt.
Die Familie besass das Marschallamt der Abtei Corvey, das
nach dem Aussterben derer von Recklinghausen 1474 an die von Stockhausen kam. Eheverbindungen bestanden u.a. mit denen von Essentho, von Dorsle und von Driburg. In den Warburger Stammtafeln wird erwähnt, dass eine eheliche Verbindung von Lambrecht de Dorsle und einer Person aus der Sippe derer von Recklinghausen bestanden hat.
12. Wolff
Der Schild ist r.w. quadriert und zeigt in 1. und 4. zwei aufgerichtete, mit den Gesichtern abgekehrte g. Halbmonde.
2. und 3. lediges b. Kreuz, dessen Enden blattartig ausgeschnitten sind. Gekr. Helm: wachsend grauer Wolf. Decken: r.g. (mitgeteilt von Regier.- und Baurat H. Wolff in Berlin-Wilmersdorf)
Literatur
1. Blohm
Deutsches Geschlechterbuch
Hamburg und Lübeck
2. Brobeck
Beiträge 1993 H.3
Orts- und Namensforschung von 1330–1391
3. Dörscheln
Beiträge 1995 H.1
Spuren im Kirchspiel Rönsahl
4. Dorschel — Dörschel
Beiträge 1994 H.2
Spuren an der sächsisch-schlesischen
Grenze sowie im rigischen Raum
5. Dorsel
Beiträge 1992 H. 2a Teil 1
Häuser und Höfe, gemeinsame Wappen
6. Dorslon
Siehe Beiträge zur Fam. Forsch.
ehem. Spuren und Beiträge NF
7. Doorslaer
Wapenboek van de Belgische Adel
8. Haldessen
Beiträge NF 1998 H.3
Der letzte Ritter
9. Klenner
Beiträge 1992 H. 2b,Teil 2
Ein Beitrag zur Erforschung der frühen Besiedelung
Schlesiens in Verbindung mit der Namens- Ursprungsforschung
10. Linden
Der Landbote 1999 H.1
Margreta von Dorseln geb. von Linden zu Benninghausen
11. Recklinghausen
Beiträge z. Fam. Forsch. NF 1999 H.4
Im Dienste der Kirche
Warburger Stammtafeln v. L. Heidenreich
12. Wolff
Der Landbote 2000 H.2
Stationen im Leben des Friedrich Wilhelm Dörscheln
Quellen
5.: Archiv des Kreises Warendorf
1.: Deutsches Geschlechterbuch
4., 9.,12.: Siebmachers J. Bürgerliches Wappenbuch
3.: Lesser O. (Genealoge), Stammbaum Dörseln – Dörscheln
2., 6., 8., 10., 11.:Spießen M. Wappen d. Westf. Adels I
7.: Wapenboek van de Belgische Adel
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