Beiträge zur Familienforschung — Band 1 — 5.Jahrgang 1995 — Heft Nr.3 — Auszug
Von E. W. Dörscheln — Univ. Ob. Präparator i. R.
Siehe Spuren, Beiträge zur Fam. Forsch. Bd. 2, 1995 H.10
Die Grundlage des Kurkölnischen Herzogtums Westfalen wurde durch Karl den Großen im Verlauf der Sachsenkriege geschaffen, und zwar durch die Eingliederung in das Frankenreich. In dieser Zeit erfolgte die Einteilung Sachsens in Missionssprengel (Amtsbezirke) und Bistümer. Dabei wurde Südwestfalen dem Erzbistum Köln zugewiesen.
In Verbindung mit den ersten Pfarrkirchen entstanden erzbischöfliche Haupthöfe, die als Mittelpunkt umfangreicher Höfeverbände dienten. Ausgenommen von dieser Entwicklung war die Missionszelle auf der Eresburg (Obermarsberg), die im Jahr 826 an die Abtei Corvey fiel.
Im Laufe der Zeit war Köln in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die stärkste Macht im südlichen Westfalen geworden. Um 1216 erwarb sich Erzbischof Engelbert vom Berg besondere Verdienste, und zwar durch den Bau von Burgen und Städten als feste Stützpunkte. Diese Maßnahme war für seine Zeit äusserst ungewöhnlich. So hat er in den neun Jahren seiner Regierungszeit dreizehn Städte, u. a. 1217 Obermarsberg, gegründet. Weitgehend richtete sich diese Massnahme gegen den Bischof von Paderborn, der selbst zu den Reichsfürsten zählte und dessen Gebiet somit nicht in das Kölnische Herzogtum Westfalen eingegliedert werden konnte.
Erzbischof Engelbert baute daher in einer Linie von Geseke über Rüthen, Brilon, Padberg, Marsberg und Volkmarsen bis zum Desenberg bei Warburg kölnische Städte und Burgen. Auf diese Art und Weise war er in der Lage, alle von Paderborn nach Westen, Süden und Südosten verlaufenden Strassen zu kontrollieren und bei Bedarf zu sperren. Dies ist schon einer der Konfliktpunkte, welcher auf die Horhuser und späteren Marsberger Bewohner zukam und in die auch die Ritterschaft mit einbezogen wurde.
Der Beginn war die Ermordung Engelberts um 1225. Für den Aufbau des Herzogtums Westfalen war dies ein grosses Verhängnis, da die Nachfolger die gewonnenen Positionen nicht mehr halten konnten oder wollten. Immer häufiger weigerten sich einzelne Adlige, die Vormachtstellung der Erzbischöfe weiterhin anzuerkennen. Daraufhin brach die Kölnische Macht zusammen. Die Pläne für ein Herzogtum des Gesamtraumes zwischen Rhein und Weser waren nunmehr endgültig gescheitert.
Ein wichtiges Ereignis, bezeugt durch den Ritter Andreas von Dorslon (Durslo), steht für so viele andere Geschehnisse in jener Zeit. Es ist die im Anfang des 13. Jahrhunderts stattgefundene Übersiedlung der Bewohner der Villa Horhusen auf den Heresberg (Obermarsberg). – Siehe Spuren, Beiträge der Familienforschung H. 22/92 S. 338 Nr. 168 u. siehe Abb. I,II, III von 1229 -.
Fragt man, was die Bewohner von Horhusen bewogen haben könnte ihren langjährigen leicht zugänglichen Wohnort zu verlassen und ihr neues Domizil auf den beschwerlichen und weniger leicht zugänglichen Heresberg zu verlegen, dann könnte einer der Gründe sein, dass die Villa Horhusen mit Wall und Gräben im Tal gelegen nur bedingt zu schützen war, obwohl die Ritterschaft in Anbetracht der fehde- und raublustigen Zeit die Sicherheit der Bewohner garantieren sollte.
Der Vorteil des ruhigen Zusammenlebens drängte in jener Zeit eine breite Bevölkerungsschicht in den Bereich der Städte, wo diese auch wie bei Horhusen, ihre Freiheit und Sicherheit besser verteidigen konnten.
Die bisherigen Horhusener, nun Eresburgenser (heute Obermarsberger) versuchten dann auch wieder im Einklang mit der Paderborner Kirche zu leben und die vorher mangelhaften Beziehungen zu verbessern.
“Es wächst der Mensch mit seinen Zwecken!” — sagt ein Sprichwort. Der versprochene Gehorsam zur Paderborner Kirche war mit einer zu erwartenden Gegenleistung verbunden. Der Charakter der Bedingung war in versteckter Form enthalten. Ein Seelsorger zur bestehenden und zu der neu zu errichtenden Kirche sollte vom Bischof von Paderborn — Bernhard III. von Oesede 1204–1223 — ernannt werden. Den Nachfolger aber wollten die Marsberger selbst wählen. Eine eigene Pfarrkirche mit einem Begräbnisplatz sollte es in Zukunft sein. Somit war eine zweite Kirche in Obermarsberg — die Nikolaikirche — in Aussicht gestellt.
Dieses Selbständigkeitsstreben machte auch vor der Gerichtsbarkeit nicht halt, und zwar in der Form, dass Angeklagte nicht mehr auf glühenden Eisen ihre Unschuld beweisen sollten, sondern dieses vor Eideshelfern bzw. Zeugen tun konnten. Die Mündigkeit der Menschen und die weitere Selbständigkeit der Gemeinden begann sich immer mehr zu regen. Die beurkundeten Schriftstücke durch die Horhuser Bürger und ihre Ritterschaft, u. a. auch Andreas von Dorslon, sind der Beweis, dass sie auch zu ihrem Wort stehen wollten.
Ritter Andreas von Dorslon, Bürger von Monte Martis (Marsberg), hat in vielen Beurkundungen bewiesen (siehe Spuren H. 22/92, S. 337 ff und H. 1/93 S.10 ff), dass er mit zu den Bewohnern gehörte, welche die kirchlichen und politischen Geschicke ausgewogen und glaubwürdig mit zu gestalten imstande war.
Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt,
Johanna Baltz
Der ihrem Wesen nachforscht, ihren Sitten
Die Wege wandelnd, die sie einst geschritten,
Zu ihnen rückwärts die Gedanken lenkt.
Dem die Geschichte seines Heimatlandes
Das Schönste, Wissenswerteste erscheint.
Der nie vergisst des wunderbaren Bandes,
Das ihn mit jenen inniglich vereint.
(*) siegelnde Knappen — vero et ministeriale ecclesie
· 1210–1235: Ritter Andreas de Durslon
· 1210: Ritter Conradus de Durslon
· 1235–1251: Knappe Hartmannus de Durslon
· 1263–1280: Ritter Hartwicus de Durslon
· 1298: Ritter Bernhardus de Dorselo
· 1314: Ritter Conradus de Dorslon
· 1314: Knappe Everhardus von Dorslon
· 1330: Knappe Bernd von Dorslon(*)
· 1330: Knappe Hartwich von Dorslon(*)
· 1331–1337: Knappe Florin von Dorslon(*)
· 1335–1349: Ritter Friedrich de Dorslon
· 1352–1360: Knappe Conradus von Dorslon
· 1360–1409: Knappe Hartwich von Dorslon(*)
· 1372–1373: Knappe Bertold de Dorsle(*)
· 1385–1409: Knappe Bernd von Dorslon(*)